Die Stille Reserve meint im Rechnungswesen Teile des Vermögens, welche nirgends gelistet sind, dabei jedoch positiv dotiert. Die auch als Stille Rücklagen oder Bewertungsreserven bezeichneten Posten des Eigenkapitals sorgen für Unregelmäßigkeiten in der Bilanzierung und erschweren eine Bewertung des tatsächlichen Betriebsvermögens. Eine willentliche Bildung Stiller Reserven durch Rundungen und Schätzung von Beträgen ist steuerrechtlich in Deutschland nur in einigen Fällen erlaubt, nicht jedoch zum Ansatz fiktiver Passiva.
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Grundsätzlich unterscheidet man im Rechnungswesen die Stille Reserve und Stille Reserven allgemein. Die Stille Reserve stellt einen einzelnen Vermögensgegenstand dar, der die Stille Last gegenübersteht. Stille Reserven meinen die Menge aller nicht gelisteten Reserven. Ihr steht die Menge der Stillen Lasten entgegen. Beide Posten entspringen Rundungen und Schätzungen durch Unter- oder Überbewertung einzelner Gegenstände und Beträge. Wird der Gegenstand zu hoch bewertet, entsteht eine Stille Reserve, da real mehr Vermögen vorhanden ist, als angesetzt wurde. Bei zu niedriger Bewertung entsteht eine Stille Last, d. h. das verbleibende Vermögen ist niedriger, da der Finanzposten höher ist, als zuvor angenommen. Reserven zeigen sich zumeist erst durch die Auswertung der Bilanz oder Abgleich des Jahresabschlusses.
Reserven allgemein entstehen durch die Falschbewertung oder Nichtaktivierung von Vermögensgegenständen. Die Nichtaktivierung darf nach § 6 Abs. 2 EStG geschehen, wenn es sich bei den aktivierungsfähigen Gegenständen um geringwertige Wirtschaftsgüter handelt. Statt vollumfänglicher Aktivierung fließen diese mit einem Erinnerungswert in die Abrechnung ein, welcher nicht dem tatsächlichen Wert entsprechen muss. Die tatsächlichen Herstellungs- und Anschaffungskosten werden so zu einer Stillen Reserve.
Werden Gegenstände, ganz gleich welchen Wertes, über- oder unterbewertet, entstehen ebenfalls Reserven. Bei der Unterbewertung von Aktiva im Anlagevermögen oder Umlauf wird der Wert dann willentlich zu niedrig angesetzt, wenn Verwaltungskosten oder Anteile zur betrieblichen Altersvorsorge nicht abgezogen wurden, wie nach § 255 Abs. 2 HGB zulässig. Fließt stattdessen der Wert in vollem Umfang ein, wird ein geringerer Gewinn ausgewiesen und die Stille Reserve entsteht.
In den Passiva der Bilanz können Rückstellungen und Verschuldungen überbewertet werden, wenn nicht sicher ist, wie hoch sie tatsächlich ausfallen. Die Stille Reserve wird dann aufgedeckt, wenn die tatsächlichen Kosten feststehen, etwa bei Gerichtsprozessen mit Ersatzforderungen. Diese Falschbewertung kann ebenso zu Stillen Lasten führen, wenn die Kosten unerwartet hoch ausfallen.
Während in der Schweiz die Bildung Stiller Reserven vollumfänglich erlaubt ist, gilt die Auflösung der Reserven in Deutschland als Ziel der Bilanzierung. Das Wertaufholungsgebot unter § 253 Abs. 5 HGB schränkt Unternehmer deutlich darin ein, ihre Stillen Reserven auszuschütten oder unaufgedeckt zu verbuchen. Das Bilden einer Stillen Reserve ist dann untersagt, wenn es systematisch durch Einbringen fiktiver Posten oder weit abweichender Schätzungen geschieht.