Warenfinanzierung

Stellt ein Dritter für ein Unternehmen die finanziellen Mittel bereit, damit dieses Waren für den Verkauf beschaffen kann, nennt man das Warenfinanzierung. Weitere Bezeichnungen für den Begriff Warenfinanzierung sind Warenvorfinanzierung und Einkaufsfinanzierung.

Warum ist Warenfinanzierung notwendig?

Unternehmen müssen in ihren betrieblichen Abläufen stets in Vorleistung gehen. Das bedeutet, dass Unternehmen ein Angebot schaffen müssen, bevor sie dieses dem Kunden verkaufen oder abrechnen können. Diese Vorleistung betrifft sowohl Handelsunternehmen aber auch Produktionsbetriebe. Von der Beschaffung von Waren bis zum Verkauf oder zur Abrechnung durchläuft das Unternehmensangebot mehrere Stationen, die ebenso bereits im Vorfeld finanziert werden müssen.

Welche Möglichkeiten zur Warenfinanzierung gibt es?

Grundsätzlich gibt es in der freien Wirtschaft vier Möglichkeiten, wie Unternehmen ihre Warenfinanzierung realisieren. Diese sind:

  • Eigenkapital
    In der Regel decken Unternehmen ihre Wareneinkäufe mit eigenen finanziellen Mitteln ab. Denn die Eigenfinanzierung ist unkompliziert umzusetzen und verursacht keinen Fremdaufwand, der zusätzliche Kosten verursacht. Das Unternehmen hat keine Rechenschaftspflicht einem Dritten gegenüber und kann auch kurzfristig handeln. Der Nachteil der Eigenfinanzierung ist die Liquiditätslücke, die entsteht, wenn ein größerer Betrag für den Wareneinkauf abzugeben ist. In der Folge steht das ausgezahlte Geld nicht mehr für unerwartete Anforderungen oder andere Geschäftsfelder zur Verfügung, was zu einem ernsten Liquiditätsengpass führen kann. 
  • Lieferantenkredit
    Mittelständische oder große Unternehmen, aber auch Betriebe, die ihre Geschäftskontakte bereits über lange Zeit hinweg zufriedenstellend gepflegt haben, genießen oftmals einen so genannten Lieferantenkredit. Beim Lieferantenkredit finanziert der Lieferant die Ware und räumt seinem Unternehmenskunden ein Zahlungsziel von mehreren Tagen oder Wochen ein. Da der Lieferant nicht sofort bei der Lieferung abkassiert, gewährt er seinem Kunden damit einen Kredit. Dabei wird der Lieferant bis zur Begleichung der Rechnung zum Gläubiger und der Unternehmenskunde zum Schuldner. Lieferantenkredite sind ein Mittel des Lieferanten zur Kundenbindung.
  • Bankkredit
    Eine gängige Kreditform ist der Bankkredit. Zahlreiche Banken bieten für Unternehmen eigens zugeschnittene Kreditmodelle an, damit diese Waren einkaufen können. Als Kreditformen für die Warenfinanzierung durch Banken kommen sowohl kurz- als auch langfristige Kreditmodelle mit festen Rückzahlungsraten als auch die Ausweitung von Dispokrediten zum Einsatz. Der Bankkredit geht stets einher mit einer genauen Prüfung der Bonität. Zudem kann die Bank den Einkaufsgegenstand der Warenfinanzierung oder andere Geschäftsbestandteile als Sicherheit verlangen.
  • Finetrading
    Der Begriff Finetrading setzt sich aus den englischen Wörtern „finance“ und „trading“ zusammen. Auf Deutsch lauten die zwei Begriffe „Finanzierung“ und „Handel“. Denn das Finetrading ist eine Fremdfinanzierung, die als Handelsgeschäft organisiert ist. Beim Finetrading sind drei Parteien beteiligt:

    1. Unternehmen
    2. Lieferant
    3. Finetrader

Wie funktioniert Finetrading?

Das Unternehmen bestellt beim Lieferanten Ware, deren Rechnung ein Finetrader sofort bezahlt. Dabei nutzt dieser Skonti und andere günstige Konditionen für die sofortige Begleichung der Lieferantenrechnung. Der Finetrader fungiert dabei als Zwischenhändler. Er verkauft anschließend die Ware an das Unternehmen, indem er diesem ein Zahlungsziel einräumt, das im Vorfeld vereinbart wurde. Das Unternehmen behält die vollständige Kontrolle über die Verhandlungen mit dem Lieferanten und die Qualitätskontrolle der Lieferung. Finetrading kostet wenig Zeit und wird mit einem geringen Verwaltungsaufwand umgesetzt.

Für wen eignet sich Finetrading?

Das Finetrading eignet sich für Unternehmen, die die besonderen Eigenschaften dieses Handelsgeschäfts nutzen können, wie zum Beispiel:

  • Saisonale Geschäfte
    Saisonale Geschäfte erfordern hohe Flexibilität innerhalb von kurzen Zeiträumen und stellen kurzfristig hohe Anforderungen an den Betrieb. Bankkredite sind für saisonale Geschäfte aufgrund der langen Bewilligungszeiten und unflexiblen Konditionen ungünstig. Die kurzfristige und unkomplizierte Abwicklung von Finetrading kommt den Anforderungen im saisonalen Geschäft optimal entgegen.
  • Grenzüberschreitende Geschäfte
    Internationale Geschäfte gehen mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand einher, der auch den Bewilligungsprozess eines Bankkredits erschwert. Zudem minimieren Banken bei Import- und Export-Geschäften ihre Risiken durch die Forderung von stabilen Sicherheiten. Daher eignet sich für internationale Geschäfte das Finetrading mit seiner unkomplizierten Abwicklung besonders gut.
  • Flexibles Angebot
    Gerade kleine und mittelständische Unternehmen müssen sowohl in ihrem Aufbau als auch in ihren langfristigen Abläufen kurzfristig agieren können. Wer in seinem Betrieb auf eine flexible Handlungsfähigkeit angewiesen ist, kann mit Finetrading seine Warenfinanzierung optimal realisieren.
  • Hoher Bedarf an Waren
    Unternehmen mit einem hohen Warenbedarf, wie zum Beispiel große Handelsunternehmen, das Handwerk oder das verarbeitende Gewerbe sind ganz besonders auf günstige Konditionen beim Einkauf angewiesen. Sie profitieren von günstigen Preisen bei hohen Mengen in der Abnahme und erhalten so ihre Wettbewerbsfähigkeit. Da sie laufend günstige Angebote wahrnehmen und kurzfristig handeln müssen, ist für sie die Warenfinanzierung über Finetrading besonders geeignet.
  • Hohe Leistung bei wenig Kapital
    Unternehmen mit hohem handwerklichen Einsatz benötigen mehr Zeit bis zum Verkauf ihrer Waren. Sie profitieren von langfristigen Zahlungszielen, die das Finetrading ermöglicht.
  • Abhängigkeit von Lieferanten
    Betriebe, die Roh- und Hilfsstoffe verarbeiten, sind besonders auf ihre Lieferanten angewiesen. Um Lieferungen zuverlässig und pünktlich zu sichern und dabei günstige Konditionen zu erhalten, müssen Lieferanten sofort ausgezahlt werden. Für diese Form von Betrieben bietet sich das Finetrading mit seiner kurzfristigen und verwaltungsarmen Umsetzung an. 

Welche Vorteile hat die Warenfinanzierung durch Dritte?

Unternehmen entscheiden sich häufig für eine Warenfinanzierung durch Dritte, auch wenn sie über ausreichend eigene finanzielle Mittel verfügen. Denn die externe Finanzierung hat einige Vorteile, wie zum Beispiel:

  • Verbesserung der Liquidität
    Die Warenfinanzierung über Dritte schont das Eigenkapital, das dem Unternehmen erhalten bleibt. Das Eigenkapital kann dahingegen für das Wachstum des Unternehmens bereitstehen.
  • Erweiterung des Handlungsspielraums
    Unternehmen, die ihre eigenen finanziellen Mittel schonen, können unvorhergesehene Zahlungen besser auffangen und ihre Liquidität flexibel einsetzen, um andere Geschäftsfelder zu betreiben oder langfristige Investitionen für zukünftige Projekte zu tätigen. 
  • Verbesserung des Cashflows
    Geld, das im Unternehmen verbleibt, verbessert das Ergebnis des Cashflows. Dieses nimmt bei der Bewertung der Unternehmensliquidität Einfluss auf das Rating des Unternehmens, welches wiederum die Möglichkeiten für das Unternehmen verbessert, zu noch höherer Liquidität zu gelangen. 
  • Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit
    Unternehmen, die ihre Warenfinanzierung durch Dritte realisieren, haben einen deutlichen Vorteil gegenüber ihren Mitstreitern auf dem Markt. Denn sie profitieren beim Einkauf von besseren Konditionen, die sie an ihre Kunden weitergeben können. Neben einem erhöhten Absatz können diese Unternehmen ihren Kunden eine höhere Liefersicherheit bieten.
  • Unabhängigkeit
    Neben der Eigenfinanzierung leistet auch die Warenfinanzierung durch einen Lieferantenkredit oder durch einen Finetrader einen wichtigen Beitrag zur unternehmerischen Unabhängigkeit. Denn dabei  ist keine Bonität oder die Stellung von Sicherheiten erforderlich. Vielmehr wird die Rentabilität des Produkts und sein Potenzial zur Einschätzung des Risikos herangezogen.  
  • Optimierung der Verhandlungsposition
    Unternehmen, die ihre Warenfinanzierung über Kredite oder Finetrader umsetzen, haben gegenüber ihren Lieferanten die beste Position für Verhandlungen. Sie gewährleisten dem Lieferanten die vollständige und sofortige Bezahlung der Ware und können daher optimale Bedingungen für ihre Lieferung aushandeln. 

Welche Unternehmen eignen sich für welche Warenfinanzierung?

  • Kleine und mittelständische Unternehmen
    Kleine und mittelständische Unternehmen zeichnen sich durch hohen Leistungseinsatz bei niedriger Liquidität aus. Sie haben keine gute Aussicht auf eine günstige Warenfinanzierung durch ein Kreditinstitut. In der Regel haben sie nicht die Mittel, um die Dauer der Bearbeitungszeit bis zur Bewilligung eines Kredits zu überbrücken, wenn eine kurzfristige Entscheidung ansteht. Ebenso haben sie Probleme bei der Stellung von Sicherheiten gegenüber den Banken. Auch der Lieferantenkredit steht für KMU oftmals nicht bereit, da sie in der Regel nicht zu den bevorzugten Kunden gehören. Kleine und mittelständische Unternehmen profitieren daher in besonderem Maße von dem Angebot, ihre Warenfinanzierung über Finetrading zu realisieren.   
  • Unternehmen der Bereiche Handel und Produktion
    Unternehmen, deren Warenbeschaffung mit einem hohen Aufkommen an finanziellen Mitteln einhergeht, haben zumeist keine oder geringe Probleme, ihre Warenfinanzierung mit Hilfe von Kreditinstituten zu realisieren. Sie verfügen zumeist über ausreichend Sicherheiten, die das Risiko für die Bank minimiert. Zusätzlich bietet sich für sie die Möglichkeit des Finetradings als günstige Alternative zum Bankkredit an, wenn sie schnell und unbürokratisch handeln müssen. In der Regel stehen ihnen ebenso Lieferantenkredite offen, wenn sie über intakte Geschäftsbeziehungen verfügen. 

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