07. Nov 2017 | Unternehmenssteuerung
Standardsituationen sind im sportlichen Wettkampf überproportional häufig der spielentscheidende Faktor und werden dementsprechend ausgiebig trainiert. Doch als Gründer hast du keinen hochbezahlten Trainer, der darauf achtet, dass du solche Situationen auch übst.
Du selbst bist dein eigener Coach! Und das führt leider bei vielen Gründern dazu, dass sie sich verrennen: Reiner Fokus auf Neukundengewinnung etwa, oder das Vernachlässigen der Ablage sind die unternehmerische Analogie zum Profisportler. Doch erst wenn man eben diese Standards im Schlaf beherrscht, ist Zeit für die Extras. Für den folgenden Artikel schlüpfen wir in die Rolle deines Trainers und machen dein Startup fit für diese Standardsituationen. Jogginganzug anziehen – wir treffen uns auf dem Sportplatz!
Sicherlich hast du schon mitbekommen, dass du als Gewerbetreibender eine Aufbewahrungspflicht für all deine Unterlagen hast. Doch in welchem Umfang ist dies überhaupt nötig? Werfen wir einen genaueren Blick darauf:
All das musst du zwischen sechs und zehn Jahre lang aufbewahren – und jedes Jahr kommt mehr hinzu. Gerade, wenn du klein startest, verführt das dazu, mit ein paar Leitz-Ordnern und einem Ikea-Regal zu beginnen. Das wird allerdings definitiv für Chaos sorgen. Wenn du die ersten Jahre hinter dir hast, sammelt sich bereits extrem viel an und sorgt für Unübersichtlichkeit.
Falls dein Startup-Büro keinen separaten Raum hergibt, der ausschließlich als Aktenlager taugt, solltest du dringend ein Aktenlager mieten, damit im Haus nur die Unterlagen verbleiben, die für das laufende Geschäftsjahr benötigt werden. Das schafft spätestens nach dem ersten Jahr eine Grund-Ordnung. Außerdem solltest du dir unbedingt ein brauchbares Ablagesystem aneignen und dieses konsequent durchziehen. Auch hier gilt das KISS-Prinzip (Keep it simple, Stupid!): Eine alphanumerische Sortierung durchblickt jeder und man muss keine Zeit mit dem Entziffern kryptischer Erläuterungen vergeuden.
Beherrschst du diesen Standard nicht, werden deine Unterlagen irgendwann nicht nur überquellen, sondern du wirst auch jeder Steuererklärung mit Schrecken entgegensehen, weil sich die Unterlagen-Fahndung zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen auswächst.
Wenn du Gründer im Einmannbetrieb bist, kannst du diesen Punkt (erstmal) überspringen. Doch wenn du dir beispielsweise als Unterstützung für deinen Onlineshop einen Minijobber als Hilfe beim Kommissionieren geholt hast, musst du dir gewahr werden, dass du jetzt „Boss“ bist.
Nein, das soll keine Aufforderung sein, den „Boss“ raushängen zu lassen. Aber du musst lernen, was einen Chef auszeichnet. Du musst Fürsorgepflichten ebenso beachten, wie du zumindest in Grundzügen wissen (und anwenden) solltest, dass bei aller Startup-Lockerheit ein Mindestmaß an „Vorgesetzen-Distanziertheit“ erforderlich ist, weil ein zu kumpelhaftes Verhältnis zu den Mitarbeitern Schwierigkeiten bei der Motivation und dem Durchsetzen von unangenehmen Dingen machen kann. Ein guter Chef wird man nicht über Nacht, man muss:
Du musst diese Fähigkeiten nicht binnen einer Woche erlernen. Doch selbst, wenn du alleine gründest, solltest du dir regelmäßig die Zeit nehmen und diese Skills nach und nach antrainieren. Schließlich möchtest du ja, dass dein Startup so wächst, dass es zu einem Unternehmen mit vielen Mitarbeitern wird – dann allerdings ist es zu spät, sich das nötige Rüstzeug anzueignen.
Beherrschst du diesen Standard nicht, rutschst du schlimmstenfalls in die „Kumpelchef-Falle“. Du kannst im Fall der Fälle nicht die nötige Autorität durchsetzen, deine Mitarbeiter nicht motivieren und lässt somit dein Unternehmen direkt leiden.
Was ist das Ziel deines Unternehmens? So viel Umsatz und Gewinn wie möglich erwirtschaften und dir somit nicht nur ein Leben am Existenzminimum zu ermöglichen, sondern das, was man als „Good Life“ bezeichnet. Ja, das ist schon eine gute Herangehensweise. Allerdings sollte das Streben nach persönlichem Gewinn dich nicht gänzlich blind dafür machen, dass ein gut geführtes Unternehmen mehr Geld auf der hohen Kante haben sollte, als es für die notwendigen Verpflichtungen und ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Aktiva und Passiva notwendig ist. Das bedeutet, du musst buchstäblich „einen Plan haben“, wie dein Unternehmen finanziell auch langfristig gut dastehen kann.
Bedenke immer: Jetzt läuft dein Startup vielleicht ohne Probleme von deinem kuschligen Homeoffice aus. Doch wirf mal einen Blick auf die Negativseiten dieser Arbeitsform: Willst du dich wirklich auch in Zukunft mit potenziellen Neukunden im nächsten Café treffen müssen, weil es einfach unzumutbar ist, eine solche Klientel durch einen Schmutzwäscheberg ins Heim-Büro zu führen?
Soll dein privater Lebensraum immer weiter eingeschränkt werden, weil das Unternehmen aus dem Büroraum heraus-mäandert? Nein: Du möchtest irgendwann morgens wirklich „in die Firma“ fahren können. Ein Gebäude, an dessen Tür dein Name und der deines Unternehmens stehen und das nur dafür da ist, deinen Erfolg zu vermehren. Und für all das musst du immer wieder Geld beiseite packen.
Beherrschst du diesen Standard nicht, verbleibt dein Startup gezwungenermaßen immer auf einem kleinen Level. Das mag zwar überschaubar sein, doch je kleiner deine Firma, desto größer ist dein persönlicher Stress und desto größer ist auch das Risiko, dass dich Durstrecken und unvorhergesehene Ausgaben aus der Bahn werfen.
Dein Unternehmen ist neu am Markt. Vielleicht befindest du dich in einem Segment, in dem es vor Konkurrenz nur so wimmelt. Und natürlich hast du den Drang dazu, immer bekannter zu werden und deshalb weißt du, dass nichts so wichtig ist, wie deiner Konkurrenz Kunden wegzuschnappen und in deinen eigenen Stamm einzupflegen. Und das sind auch alles richtige und wichtige Punkte, jedoch mit einem dicken Aber versehen:
Fassen wir also mal zusammen: Bestandskunden kosten dich weniger, sie schauen nicht auf den letzten Cent und müssen nicht erst aufwendig ab- und angeworben werden. Aber auch wenn sie pflegeleichter sind, bedeutet das eben nicht, dass sie nicht wechseln würden. Der Schlüssel dazu lautet Bestandskundenpflege. Du musst also ein Mindestmaß an Aufwand betreiben, um die Kunden, die du bereits hast, zufriedenzustellen, ihnen zu danken und sie dazu zu animieren, dir weiter die Treue zu halten. Dafür haben wir folgende Tipps:
Vor allem aber solltest du bedenken, dass Bestandskunden einen perfekten Blick von außen auf dein Unternehmen und seine Prozesse haben. Deshalb solltest du sie nicht nur aktiv um Feedback bitten, sondern auch ein weit offenes Ohr für sie haben, falls Sie Kritik und/oder Änderungswünsche haben. Die Summe all dieser Maßnahmen kostet dich natürlich Geld. Aber dies wird wesentlich weniger kosten, als Werbemaßnahmen und jede andere Form des Marketings.
Beherrschst du diesen Standard nicht, musst du immerzu den Neukunden hinterherhecheln, gibst unverhältnismäßig viel fürs Marketing aus und kannst diese Summen nicht an anderer Stelle investieren.
Jede Fußballmannschaft hat einen Platzwart, der dafür sorgt, dass der Rasen immer gemäht ist, es keine Stolperfallen gibt und alle Linien glasklar markiert sind. In deinem Startup musst du der Platzwart sein, denn Pflege gehört zu den wichtigen Standards dazu. Nein, damit ist nicht gemeint, dass du dir eine Reinigungskraft suchen solltest, die deine Firmenräume regelmäßig auf Hochglanz bringt (obwohl das natürlich auch dazugehört). Vielmehr besteht diese Pflege darin, dass du dir angewöhnst, dich niemals auf Lorbeeren auszuruhen. In einer Zeit, in der sich in fast jeder nur denkbaren Sparte Konkurrenten tummeln, ist Stillstand die Überholspur ins Abseits.
Doch wie läuft Rasenpflege im Business? Hier gibt es eine Fülle an Aufgaben. Vieles davon musst du selbst erledigen, anderes kann und sollte an fachkundige(re) Profis delegiert werden:
Als Chef hast du bereits einiges geleistet und kannst mit Stolz und Selbstbewusstsein auf dein Unternehmen blicken. Das eigene Unternehmen ist emotional gesehen für einige nichts anderes als ein eigenes Kind. Da möchte man verständlicherweise nicht, dass andere daran herumdoktern.
Aber diese Denkweise ist gleichzeitig ein Scheunentor für Fehler. Sie führt dazu, dass dein Unternehmen unflexibel ist, weil alles über dich laufen muss. Und gleichsam erhöht sich dadurch deine Arbeitsbelastung ins Unerträgliche.
Auch als Gründer hast du die gleiche Belastungsschwelle wie jeder andere. Und auch du hast deine Stärken und Schwächen. Zu akzeptieren, dass andere etwas besser können und sie deshalb an „deinem“ Baby mitarbeiten zu lassen, ist ein wichtiger Schritt, dem du dich stellen musst und der langfristig dafür sorgen wird, dass dieses Baby besser wächst und erfolgreicher wird – viel erfolgreicher, als du es mit deinem begrenzten Wissen und Fähigkeiten alleine schaffen könntest.
Beherrschst du diesen Standard nicht, sammeln sich die kleinen Fehler, die es überall gibt, nicht nur mit der Zeit an, sondern werden irgendwann so groß, dass sie keine kleinen Sandkörnchen mehr im Getriebe sind, sondern faustgroße Steine, die alles blockieren.
Wenn dein Unternehmen langfristig Erfolg haben soll, musst du lernen, dass es nicht immer vorteilhaft ist, nur nach den Sternen zu greifen. Ein gut laufendes Startup ist wie ein erfolgreiches Fußballteam. Natürlich gibt es Gelegenheiten, in denen die extremen, hingezauberten Talentfähigkeiten der Schlüssel zum Erfolg sind. Viel öfter ist es jedoch ein Mix aus bodenständiger, risikoarmer Finanzplanung, der intensiven Pflege von Bestandskunden und einer ruhigen, aber festen Hand beim Lenken des Teams. Und diese Standards müssen immer wieder geübt und neu exerziert werden.