02. Jul 2021 | Unternehmenssteuerung
Nach knapp eineinhalb Jahren Coronapandemie und den daraus resultierenden Arbeitsmodellen wie Homeoffice und Remote Work entsteht derzeit ein neues Modell, das sich auch in Zukunft womöglich zum neuen Standard der Arbeitsform mausern könnte. Hybrides Arbeiten – oder auch Flexarbeit – bietet sowohl für Arbeitgebende als auch für ihre Mitarbeiter*innen diverse Vorteile. Doch noch sind viele Unternehmen skeptisch gegenüber der neuen Arbeitsmethode. In diesem Magazinbeitrag betrachten wir Vorteile und Nachteile der Flexarbeit und beleuchten, wie dieses New Work-Modell sowohl für Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende funktioniert.
Die Coronapandemie hat viele Bereiche unseres Lebens beeinflusst und nachhaltig geprägt. Besonders die Art, wie wir arbeiten, hat sich seit Frühjahr 2020 grundlegend geändert; während Homeoffice und Remote Work bis dato eher als Ausnahmeregelungen galten, wurden sie über die letzten eineinhalb Jahre zum weitestgehenden Standard in deutschen Unternehmen.
Durch den stetig voranschreitenden Impfprozess und die aktuell niedrigen Inzidenzwerte in ganz Deutschland, wagen viele Firmen bereits erste Schritte zurück zur Normalität. Und auch der optimistische Blick in eine Zukunft nach Corona wirft bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen organisatorische Fragen auf. Wird Homeoffice zum neuen Standard? Kann ich Remote Work und Präsenzarbeit im Office kombinieren?
Da sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende die Vorteile von Remote Work über die letzten Wochen kennen und lieben gelernt haben, etabliert sich aktuell ein neues Arbeitsmodell, das viel Potenzial für die Zukunft eröffnet.
Hybrides Arbeiten – oder auch Flexarbeit – beschreibt eine Kombination aus Remote Work (also die berufliche Tätigkeit im Homeoffice) und Präsenzarbeit im Büro. Wie die Anteile hierbei verteilt sind, kann ganz individuell vom Unternehmen oder nach Belieben des Arbeitnehmenden geregelt sein. Im Idealfall können Angestellte jedoch frei entscheiden, wann, wo und wie sie ihrer Arbeit nachgehen, solange sie ihre Ziele und Pflichten erfüllen.
Wie auch bei konventionellem Arbeiten greift bei hybriden Arbeitsmodellen ebenfalls das Arbeitszeitgesetz (ARBZG). Demnach gelten für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die folgenden Rechte bzw. die Pflicht für Arbeitgebende, zu gewährleisten, dass diese Rechte gewährt werden.
Verpflichtendes Homeoffice darf vom Arbeitgebenden nicht angeordnet werden. Im Gegenzug dürfen Unternehmen ihre Mitarbeiter*innen allerdings dazu anhalten, ihrer beruflichen Tätigkeit vor Ort im Büro nachzukommen. Gewisse Ausnahmen bestehen allerdings aktuell durch die Corona-Pandemie und die daraus entstandene Coronavirus-Schutzverordnung.
Hybride Arbeitsmodelle bieten eine Vielzahl an Vorteilen für Firmen und ihre Angestellten. Doch wie so viele Dinge, sind Flexarbeit & Co. nicht ohne Nachteile.
Viele Unternehmen stehen dem Thema Flexarbeit und hybridem Arbeiten noch kritisch gegenüber und fürchteten eine Zunahme des sogenannten Shirkings. Shirking bezeichnet ein Modell aus der Betriebswirtschaftslehre, bei dem Angestellte durch mangelnde Überwachung und Kontrolle zur Reduktion ihrer Leistung tendieren.
Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen stehen deshalb vor der Herausforderung, genau abzuwägen, ob in ihrer Firma die Chancen oder die Risiken überwiegen.
Die Vorteile von Hybrid Work sind schnell zusammengefasst:
Doch um diese Benefits nutzen zu können, müssen Arbeitgebende erst verstehen, was es damit auf sich hat.
Aus der Arbeitnehmerperspektive liegen die Vorteile des hybriden Arbeitens auf der Hand. Zum einen sparen sich Angestellte durch die Tätigkeit im Homeoffice den täglichen Weg zur Arbeit. Das spart nicht nur Zeit, sondern mindert außerdem den Stress, der im Stau oder Öffentlichen Personennahverkehr entstehen würde.
Das Resultat: Die Menschen sind ausgeruhter und können mit mehr Energie an die Aufgaben des Arbeitsalltags gehen.
Betrachtet man die Perspektive der Arbeitgebenden, zeigen sich auch hier diverse Chancen durch den Einsatz von Flexarbeit. Letztendlich profitieren Unternehmen schließlich auch von ausgeruhten und entspannten Mitarbeitenden, die ihre Energie nicht für den morgendlichen Weg ins Büro vergeuden.
Auch der Spagat zwischen Privat- und Familienleben und Arbeit lässt sich durch Flexarbeit um einiges besser realisieren. Während Arbeitnehmende in konventionellen Arbeitsmodellen nach dem Bürotag schnell zur Kita oder Tagesmutter bzw. Tagesvater eilen und am Ende des Tages noch den Haushalt organisieren müssen, können im Rahmen von hybridem Arbeiten solche Tätigkeiten bei Bedarf in die Mittagspause verlegt werden. Wer nun die Kinder mittags aus der Schule abholen muss, kann dies einfach in den Alltag integrieren und die Arbeitszeit in einem stillen Moment am Nachmittag nachholen. Auch beim aktuellen Home Schooling (dem Unterricht von zu Hause), können Eltern durch hybride Arbeitsmodelle bei Bedarf einen Homeoffice-Tag nehmen und so Familie und Arbeit unkompliziert vereinbaren. Die neu gewonnene Flexibilität ist somit besonders für Familienmütter und -väter goldwert.
Des Weiteren können Firmen durch hybride Arbeitsmodelle auch ortsunabhängig Talente für ihr Team rekrutieren. Findet eine Firma aus München beispielsweise den idealen Kandidaten bzw. die ideale Kandidatin für einen Job, der/die allerdings in Berlin wohnt und ungern umziehen würde, ist dies durch Flexarbeit kein Problem mehr. Möchte der Mitarbeitende dann für einen Tag in der Woche vor Ort im Office arbeiten, bietet das Unternehmen ihm auch diese Möglichkeit.
Dadurch können Firmen ihre Personalsuche deutschland- oder sogar weltweit durchführen und so womöglich den perfekten Mitarbeitenden für die ausgeschriebene Stelle finden.
Auch die Nachteile sollten von Arbeitgebenden im Blick halten werden. Die folgenden Punkte stehen dabei im Fokus:
Flexarbeit kann jedoch auch einige Nachteile und Risiken für Arbeitnehmende mit sich bringen. Wie auch beim klassischen Remote Work, besteht hier die Gefahr, feste Arbeitszeiten zu vernachlässigen und Überstunden zu machen. Abends noch eine Mail zu schreiben oder im Bett per Smartphone noch die Agenda für das morgige Meeting durchzugehen, kann dabei schnell zur Gewohnheit werden.
Durch das Gefühl, immer erreichbar sein zu müssen, kommen Angestellte nicht mehr zur Ruhe und die Wahrscheinlichkeit eines Burnouts steigt.
Darüber hinaus müssen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zuhause nicht selten in die Rolle der IT schlüpfen und auf eigene Faust mit technischen Problemen klarkommen.
Auch die nötige Hardware muss vom Firmen gestellt werden, wobei viele Firmen der steigenden Nachfrage nach Laptops & Co. noch nicht gewachsen sind.
Tatsächlich konnte Billomat in einer branchenübergreifenden Umfrage erkennen, dass einige Wirtschaftsbereiche dem Corona-bedingten Digitalisierungsbedarf eher gewachsen sind als andere. Während beispielsweise Vereine und Steuerberatungen für Flexarbeit und andere hybride Arbeitsmodelle ihrer Mitarbeiter*innen genügend digitale Kapazitäten bereitstellen, schneiden Firmen aus den Bereichen Telekommunikation und Personalwesen vergleichsweise schlecht ab.
Durch die Nutzung des häuslichen Internets und teilweise sogar privater Hardware können Unternehmen nur schwerlich hundertprozentigen Datenschutz garantieren. Obwohl die meisten Arbeitgebenden Antivirenprogramme auf ihren Laptops installiert haben, kann besonders die Verwendung der Geräte für Freizeitzwecke im Homeoffice Tür und Tor für potenzielle Gefahrenquellen öffnen. In vielen Fällen können Firmen dabei nur auf das verantwortungsvolle Handeln der Mitarbeitenden und ein gesundes Bewusstsein für Datenschutz vertrauen.
Flexarbeit eröffnet Arbeitgebenden sowie ihren Angestellten sowohl Chancen als auch Risiken. Damit Flexarbeit funktioniert und die Vor- die Nachteile überwiegen, gibt es einige Handlungsempfehlungen, die Unternehmen und Arbeitnehmende gleichermaßen beherzigen sollten.
Wie bei so vielen Dingen ist offene und direkte Kommunikation auch bei Flexarbeit der Schlüssel zum Erfolg. Sowohl Teamleiter*innen als auch ihr Team sollten stets in engem Austausch bleiben – insbesondere an den Tagen, an denen sie von zuhause tätig sind. Nur so können Missverständnisse vermieden und Konfliktpotenziale frühzeitig aus der Welt geschafft werden. Denn besonders über Videocalls oder Mailverkehr kann es schnell zu Fehlinterpretationen kommen, die Spannungen innerhalb des Teams verursachen können.
Das bereits angesprochene Shirking ist teilweise fest in den Köpfen von Arbeitgebenden verankert. Trotzdem müssen Team Leads ihren Teammitgliedern bei der Arbeit aus dem Homeoffice ein ausreichendes Maß an Vertrauen entgegenbringen. Denn wer möchte schon mit Misstrauen ständig kontrolliert und überwacht werden?
Firmen, die ihren Mitarbeiter*innen hinsichtlich Aufgabenerfüllung und Arbeitszeit vertrauen, symbolisieren gleichzeitig Wertschätzung, die zu einem gesunden Arbeitsklima und einen Motivationsschub im Team führt.
Bei der klassischen Arbeit im Office ist Feedback zu bestimmten Ideen oder Projekten schnell eingeholt. Wer allerdings im Homeoffice arbeitet, muss sich für Rückmeldung mit Schriftverkehr per Mail oder (Video-)Anrufen begnügen. Viele Arbeitnehmenden können im weitgehend selbstorganisierten Arbeitsumfeld des Homes Office schlecht beurteilen, inwieweit ihre Leistung ausreichend ist.
Vorgesetzte sollten deshalb regelmäßige und individuelle Feedback-Gespräche ansetzen, um ihren Mitarbeitenden direkte Rückmeldung zur Qualität ihrer Arbeit zu geben und somit ihre Motivation zu steigern.
Auch empathische One-to-One-Gespräche sollten in regelmäßigen Abständen stattfinden, um das Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen zu überprüfen. Besonders Flexarbeitern, die überwiegend im Homeoffice tätig sind, fällt eine offene Kommunikation über Mail, Chat oder Telefon häufig schwer und Sorgen können schnell untergehen. Adressieren Teamleiter*innen dieses Thema allerdings direkt in einem persönlichen Gespräch – beispielsweise per Videocall – erfahren sie mehr über individuelle Probleme ihrer Mitarbeiter*innen, die im Idealfall unkompliziert gelöst werden können.
Eng verknüpft mit dem Thema Vertrauen sollten Unternehmen ihren Angestellten auch bei der Tätigkeit von zuhause ein gesundes Maß an Eigenverantwortung ermöglichen. Dies umfasst nicht nur die eigene Entscheidungsmacht darüber, ob, wann oder wie oft Mitarbeitende ins Büro kommen, sondern auch, wie sie ihre Aufgaben operativ angehen und erfüllen.
Wer seinen Angestellten Raum für selbstständiges Arbeiten gibt, wird unter Umständen mit innovativen Ansätzen zur Problemlösung oder neuen Ideen belohnt.
Nach Wochen und sogar Monaten im Homeoffice sehnen wir uns doch alle nach etwas sozialer Interaktion – auch auf beruflicher Ebene. Das kurze Gespräch auf dem Flur, die Kaffeepause mit dem Lieblingskollegen oder ein entspanntes After Work mit einem Gläschen Wein; all diese Dinge fallen im isolierten Homeoffice weg und das Soziale beschränkt sich meist nur auf Videokonferenzen.
Auch bei hybriden Arbeitsmodellen, bei denen Mitarbeitende frei entscheiden können, wann sie wo tätig sind, kann sich das Team nicht selten verpassen und sich untereinander aus den Augen verlieren. Hier ist es wichtig, dass Führungskräfte ihre Teammitglieder auch außerhalb beruflicher Projekte zusammenführen und den Teamgeist stärken.
So könnten Team Leads beispielsweise alle zwei Wochen einen Termin für eine gemeinsame Mittagspause ansetzen oder sogar monatlich ein After Work organisieren, bei dem sich das Team primär über private Angelegenheiten austauschen und wieder besser kennenlernen kann.
Nichts ist perfekt – auch hybride Arbeitsmodelle nicht. Während Flexarbeit sowohl Vor- als auch Nachteile bereithalten kann, gibt es dennoch einige Handlungsempfehlungen, die Firmen beherzigen sollten, damit das neue Arbeitsmodell bestmöglich funktioniert.
Unser Fazit: Besonders Vertrauen und die Ermöglichung von eigenverantwortlichem Arbeiten die Motivation der Mitarbeiter*innen enorm steigern kann. Für den nötigen Teamgeist sollten auch soziale Komponenten durch regelmäßige Gespräche und Events zum Teambuilding nicht außer Acht gelassen werden. Um das Wohlbefinden der Angestellten auch bei Remote Work gewährleisten zu können, sollten Teamleiter*innen immer mal wieder in individuellen Feedback-Gesprächen auf mögliche Probleme und Sorgen der Mitarbeiter*innen eingehen.
Wer diese Empfehlungen befolgt, kann einen großen Schritt in Richtung funktionierender Flexarbeit machen und dazu beitragen, dass die Chancen dieses innovativen Arbeitsmodells die Nachteile deutlich überwiegen.
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