27. Mrz 2023 | Unternehmenssteuerung
Ein Arbeitsunfall, der alle Beteiligten aus dem alltäglichen Betriebsgeschehen herausreißt, kommt zumeist zu einem vollkommen unerwarteten Zeitpunkt. Im Umgang mit einem Unfall während der Arbeit kommt es zwar zuallererst auf die sofortige medizinische Versorgung des Verunglückten an, doch in der Folge entstehen zahlreiche Fragen zu Verantwortlichkeit, Krankmeldung, Lohnfortzahlung und Versicherungsschutz. Aus diesem Grund lohnt ein genauer Blick auf die Regelungen, die in der Folge eines Arbeitsunfalls zu beachten sind.
Der Gesetzgeber hat im Siebten Sozialgesetzbuch nicht nur den Umgang mit einem Arbeitsunfall genau geregelt. Hier liefert er auch eine genaue Bezeichnung, was unter dem Arbeitsunfall zu verstehen ist. So heißt es in § 8 SGB 7, dass das Gesetz von Unfällen spricht, wenn es Ereignisse bezeichnet, die zeitlich begrenzt sind und von außen auf den Körper einwirken. Diese Ereignisse führen durch ihre Einwirkung zu gesundheitlichen Schäden oder im schlimmsten Fall zum Tod. Der Arbeitsunfall grenzt den Unfall auf eine Gruppe von Versicherten ein, für die aus diesem Ereignis Ansprüche entstehen. Demnach entstehen Ansprüche durch einen Arbeitsunfall, wenn ein Versicherter betroffen ist, der aufgrund seiner Tätigkeit Versicherungsschutz der gesetzlichen oder einer anderen Unfallversicherung genießt.
Beispiele für Arbeitsunfälle:
Der Gesetzgeber hat den Arbeitsunfall unter die Beschränkungen „zeitlich begrenzt“ und „äußeres Ereignis“ gestellt. Demnach sind Gesundheitsschäden, die ohne äußere Einwirkung entstehen kein Arbeitsunfall, wie zum Beispiel eine Grippe-Ansteckung durch den Kollegen. Ebenso werden innere Krankheiten nicht zu den Unfällen gezählt, wie zum Beispiel Herzinfarkt oder Kreislaufkrankheiten. Zudem gehören Unfälle, die sich außerhalb des Rahmens der beruflichen Tätigkeit ereignen, nicht zu den Arbeitsunfällen, wie zum Beispiel Sportunfälle oder Verkehrsunfälle bei privaten Fahrten.
Als gesetzlicher Versicherungsträger steht die gesetzliche Unfallversicherung für die Absicherung von Arbeitsunfällen ein. Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Angestellten in der gesetzlichen Unfallversicherung zu versichern. Für Branchen der Industrie und des Gewerbes treten insgesamt neun Berufsgenossenschaften als Versicherungsträger auf. Als Versicherer von Arbeitnehmern der öffentlichen Hand stehen 19 Landesunfallkassen von Bund, Ländern und Gemeinden, für die Feuerwehr vier Feuerwehr-Unfallkassen, sowie die Unfallversicherung Bund und Bahn bereit.
In §§ 2, 3 und 6 SGB 7 bezeichnet der Gesetzgeber die Personengruppen in ihren Tätigkeiten, die unter dem genannten Versicherungsschutz stehen. Diese sind neben vielen weiteren:
Unternehmer gehören nicht der Gruppe an, die automatisch durch ihre Tätigkeit in den Genuss des Schutzes durch die gesetzliche Unfallversicherung kommen. Das Sozialgesetzbuch gibt jedoch in § 6 SGB 7 vor, dass Unternehmer eine freiwillige Versicherung abschließen können, wenn sie den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung in Anspruch nehmen möchten. Für den Abschluss einer Versicherung stellen Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehe- oder Lebenspartner einen schriftlichen oder elektronischen Antrag zur Aufnahme bei der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung steht auch Personen offen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften selbständig tätig sind, sowie Ehrenamtsträgern gemeinnütziger Organisationen oder Ehrenamtlichen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung.
Auch den Umfang der gesetzlichen Unfallversicherung gibt das Sozialgesetzbuch in § 7 SGB 7 vor. Demnach gehören sowohl Arbeitsunfälle, als auch Berufskrankheiten in den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung. Geht der Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit auf ein Handeln zurück, das dem Betroffenen verboten ist, tritt dennoch der Versicherungsfall in Kraft. Auch die Beschädigung oder der Verlust eines medizinischen Hilfsmittels, wie zum Beispiel einer Brille oder eines Hörgeräts gelten im Sinne des Sozialgesetzbuches als Gesundheitsschaden, der durch die Unfallversicherung gedeckt ist.
Der Gesetzgeber bezeichnet ebenso die Umstände, die dazu führen, dass ein Unfall im Arbeitsumfeld als Arbeitsunfall anerkannt wird. Zu den versicherten Tätigkeiten gehören:
Für die Schifffahrt gelten besondere Regelungen.
Auch Berufskrankheiten fallen unter den Versicherungsschutz der Unfallversicherung. Die Bezeichnung der versicherten Krankheiten, die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit entstehen, sind im Sozialgesetzbuch § 9 SGB 7 behandelt. Demnach entscheidet ein ärztlicher Sachverständigenbeirat darüber, welche Erkrankungen als Berufskrankheit anerkannt werden. Der Anerkennung einer Berufskrankheit geht eine genaue Untersuchung durch den Unfallversicherer voraus.
Arbeitnehmer, die einen Wegunfall oder einen Dienstunfall erleiden, sollten im ersten Schritt unmittelbar einen Durchgangsarzt konsultieren. Durchgangsärzte sind Fachärzte für Unfallverletzungen, die eine erste Diagnose stellen und darüber entscheiden, welche weitere fachärztliche oder unfallmedizinische Behandlung erforderlich ist.
Führt ein Wegunfall oder ein Dienstunfall zu einer Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen, die länger als drei Tage andauert, muss der Arbeitgeber seiner Unfallversicherung den Arbeitsunfall melden. Die Meldung erfolgt über ein eigenes Formular, das per Post verschickt werden kann oder über eine Online-Meldung z.B. im Serviceportal der gesetzlichen Unfallversicherung. Dort können sich Arbeitnehmer auch über Durchgangsärzte oder Kliniken informieren, die mit der gesetzlichen Unfallversicherung verbunden sind. Zudem stellt das Portal die Adressen der Berufsgenossenschaften bereit.
Arbeitgeber, die den Arbeitsunfall eines Arbeitnehmers bei der gesetzlichen Unfallversicherung melden, können das Online-Formular für die Unfallanzeige auf dem Serviceportal aufrufen und online ausfüllen. Auf der Unfallanzeige einer Unfallversicherung sind folgende Angaben zu machen:
Im Formular ist der Arbeitgeber oder ein Bevollmächtigter sowie Betriebsrat oder Personalrat zu nennen. Das Formular kann nach dem Ausfüllen ausgedruckt werden, um es danach per Post oder per E-Mail zu versenden.
Im Falle eines Arbeitsunfalls übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten für die ärztliche Behandlung. Zudem übernimmt sie für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit das Verletztengeld.
Bei eingehender Meldung prüft die Unfallversicherung, ob die Umstände des Unfalls eine Anerkennung als Arbeitsunfall erlauben. Zur Prüfung kann die Unfallversicherung den verunglückten Arbeitnehmer, den Arbeitgeber oder Augenzeugen des Unfalls befragen. Weiters prüft die Versicherung die Umstände des Vorfalls dahingehend, ob der Gesundheitsschaden auf den Unfall zurückgeht, indem sie die Krankheitsgeschichte des Betroffen prüft und im gegebenen Fall einen Gutachter zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Um dem Betroffenen eine freie Arztwahl zu ermöglichen, muss die Unfallversicherung mindestens drei externe Fachärzte zur Auswahl nennen, die das Gutachten erstellen können. Der Betroffene kann aber auch selbst einen Gutachter vorschlagen, der über die erforderliche fachärztliche Qualifikation verfügt.
Im Zuge der Prüfung entscheidet die Unfallversicherung darüber, ob sie das Unfallereignis des Verunglückten als Arbeitsunfall anerkennt oder ablehnt. Über ihre Entscheidung erlässt die Versicherung einen Bescheid, den der Arbeitnehmer erhält. Ist der Betroffene mit der Entscheidung der Unfallversicherung nicht einverstanden, hat er die Möglichkeit, innerhalb eines Monats seinen Widerspruch einzulegen. Stimmt die Unfallversicherung dem Widerspruch nicht zu, kann der Verunglückte eine Klage beim Sozialgericht einreichen.
Verunglückt ein Arbeitnehmer durch einen Wegunfall oder einen Dienstunfall und ist danach über einen lange andauernden Zeitraum hinweg arbeitsunfähig, muss der Arbeitgeber sechs Wochen lang für die Lohnfortzahlung aufkommen.
Führt der Arbeitsunfall zu einer Arbeitsunfähigkeit, steht dem Arbeitnehmer Verletztengeld zu. Erkennt die zuständige Unfallversicherung den Arbeitsunfall an, trägt sie die Kosten für das Verletztengeld, das die Krankenkasse an den Versicherten ausbezahlt. Das Verletztengeld beträgt 80 % des regulären Lohns im Kalenderjahr vor dem Unfallereignis und wird ab dem Zeitpunkt bezahlt, an dem ein Facharzt die Arbeitsunfähigkeit feststellt. Die Auszahlung endet mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit.
Nur wenn die gesetzliche Unfallversicherung einen Unfall als Arbeitsunfall anerkennt, übernimmt sie die Kosten für die ärztliche Behandlung. Lehnt sie die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, muss die Krankenversicherung des Verunglückten die Behandlungskosten übernehmen. In diesem Fall informiert die Unfallversicherung die Krankenkasse des Verunglückten, dass sie den Unfall nicht als Arbeitsunfall einstuft.
Ähnliche Beiträge: