01. Jan. 2020 | Gründung
Die Kleinunternehmerregelung nach §19 UStG gewährt Unternehmern mit kleinen Umsätzen (bis höchstens 22.000 Euro Bruttoentgelte im Vorjahr und voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro Entgelte im laufenden Kalenderjahr) das Wahlrecht, ob sie umsatzsteuerpflichtig tätig sein möchten oder nicht.
In Deutschland ist jedes Unternehmen sowie jeder Selbstständige und Freiberufler verpflichtet, in seinen Rechnungen Mehrwertsteuer zu erheben und von seinen Kunden einzukassieren. Die so vereinnahmte Mehrwertsteuer müssen Unternehmer – als Umsatzsteuer deklariert – in voller Höhe an das Finanzamt ausbezahlen. Im Gegenzug können Unternehmer die Mehrwertsteuer, die sie selbst an Lieferanten bezahlen, wenn sie deren Rechnungen begleichen – deklariert als bezahlte Vorsteuer – von ihrer Umsatzsteuerschuld abziehen. Dadurch verringert sich die an das Finanzamt abzuführende Umsatzsteuerschuld.
Die Ermittlung der Umsatzsteuer ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Denn von der Erhebung über die Einbuchung von Umsatzsteuereinnahmen und -ausgaben ins Buchhaltungssystem bis hin zur regelmäßig abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldung ziehen sich zahlreiche Arbeitsschritte im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer durch die Verwaltung eines Betriebs.
Die Kleinunternehmerregelung befreit Unternehmen von der Umsatzsteuerpflicht. Sie steht Unternehmen, Selbstständigen und Freiberuflern offen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Der Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer
Nur wenn beide Voraussetzungen zusammen erfüllt sind, wird das Finanzamt die Einstufung als Kleinunternehmer akzeptieren.
Um die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, müssen Unternehmer einen Antrag beim Finanzamt stellen. Erfüllt der Betrieb die gesetzlich geregelten Voraussetzungen, dann wird das Finanzamt dem Antrag auch zustimmen. Den Antrag kannst Du jederzeit stellen. Stimmt das Finanzamt zu, dass Du als Kleinunternehmer arbeiten kannst, dann kannst Du ab dem Folgejahr Deine Rechnungen ohne Mehrwertsteuer berechnen.
Steht ein Unternehmen vor seiner Gründung und möchte die Kleinunternehmerregelung von Anfang an nutzen, dann muss kein gesonderter Antrag gestellt werden. Denn bei der Gründung erfolgt die Anmeldung beim Gewerbeamt, das den neuen Betrieb an das Finanzamt meldet. Das Finanzamt schickt dem Gründer einen Gründerfragebogen. In diesem können die Angaben zur Annahme der Kleinunternehmerregelung gemacht werden.
Nicht nur Einzelunternehmer oder Kleingewerbetreibende können für ihr Unternehmen den Status als Kleinunternehmer in Anspruch nehmen. Denn die Möglichkeit, als Kleinunternehmer zu arbeiten, richtet sich ausschließlich nach dem jährlichen Umsatz aus und nicht nach der Rechtsform des Unternehmens. So können auch Freiberufler oder Teams, die sich zu einer GbR zusammen schließen, als Kleinunternehmer tätig werden. Aber auch Unternehmergesellschaften, wie die GmbH können den Status als Kleinunternehmer einnehmen.
Wenn ein Kleinunternehmer mit entsprechend geringen Umsätzen beschließt, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, darf auf seinen Rechnungen keine Mehrwertsteuer stehen. Je nachdem, welche Leistung er verkauft, zahlt sein Kunde also einen 7 % oder 19 % geringeren Betrag an ihn aus als an einen Kollegen, der nicht unter die Kleinunternehmerregelung fällt.
Um die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, musst Du ermitteln, ob der Umsatz Deines Unternehmens die beiden Höchstgrenzen unterschreitet. Dabei ist zunächst der tatsächlich erzielte Gesamtumsatz des vergangenen Kalenderjahres festzustellen. Liegt der Gesamtbetrag Deiner Erträge unterhalb des Höchstbetrags von 22.000 Euro, dann hast Du die erste Voraussetzung erfüllt. Ist zudem zu erwarten, dass Dein Betrieb auch im kommenden Jahr die Höchstgrenze von 50.000 Euro inklusive Umsatzsteuer nicht überschreiten wird, dann erfüllst Du die erforderlichen Voraussetzungen, um den Status als Kleinunternehmer zu beantragen. Bei der Ermittlung der Beträge ist zu beachten, dass Du keine Betriebsausgaben geltend machen kannst. Denn es können ausschließlich Deine erzielten Einnahmen zur Ermittlung der Umsätze ohne eine Berücksichtigung von Ausgaben herangezogen werden.
Wenn Du ein Unternehmen gründest gilt es, abzuschätzen, wie hoch Deine Umsätze im ersten Kalenderjahr ausfallen werden. Hierfür kannst Du lediglich eine Prognose erstellen. Wenn Du davon ausgehst, dass Du mit Deinen gewerblichen Aktivitäten weniger umsetzen wirst, als die Höchstgrenzen vorgeben, dann kannst Du wählen, ob Du den Status als Kleinunternehmer annehmen willst oder nicht. Deine Wahl musst Du im Falle von entsprechend niedrigen Umsätzen bereits im Zuge der Gründung treffen. Nach der Anmeldung beim Gewerbeamt erhältst Du einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung durch das Finanzamt. Dort gibst Du an, welche Einkünfte Du im Gründungsjahr und voraussichtlich im darauffolgenden Jahr erzielen wirst. Liegen die Einkünfte innerhalb der Höchstgrenzen, dann musst Du zusätzlich wählen, ob Du als Kleinunternehmer arbeiten möchtest oder nicht.
Wer die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung erfüllt und sich im Zuge des Wahlrechts trotzdem gegen die Regelung entscheidet, verpflichtet sich für 5 Jahre zum Verzicht. Entscheidest Du Dich also an dieser Stelle gegen den Status als Kleinunternehmer, dann bist Du für die entsprechende Zeit unabhängig von Deinen tatsächlichen Umsätzen an Deine Wahl gebunden. Erst im sechsten Jahr kannst Du in diesem Fall die Kleinunternehmerregelung erstmals beantragen. Wenn Du noch nicht weißt, ob Du die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen möchtest oder nicht, findest Du in unserem Magazin eine kleine Entscheidungshilfe.
Liegt die Beantragung der Kleinunternehmerregelung innerhalb eines Kalenderjahres, dann musst Du Deine Einnahmen bei der Ermittlung der Umsätze auf die Monate im Durchschnitt umlegen. In diesem Fall kannst Du nicht die tatsächlich erwirtschafteten Umsätze aus beispielsweise einem halben Jahr für Deinen Antrag auf die Kleinunternehmerregelung zugrunde legen. Bist Du nur einige Monate innerhalb eines Jahres gewerblich tätig gewesen, dann ermittelst Du den monatlichen Durchschnittsumsatz. Diesen setzt Du für die fehlenden Monate an und rechnest so die fehlenden Umsätze dazu. Auf diese Weise erhältst Du den realistischen Umsatz für das gesamte Kalenderjahr. Deine Ermittlung stellt die Basis dafür, ob Du die Kleinunternehmerregelung beantragen kannst.
Die Schätzung der Umsatzgrenze für das Folgejahr, in dem Deine Umsätze die Grenze von 50.000 Euro nicht überschreiten dürfen, stellt eine reine Prognose dar. Denn oftmals ist die wirtschaftliche Entwicklung zwar durchaus abschätzbar, jedoch nie zuverlässig vorauszusagen. Da jedoch der Intervall zwischen 22.000 Euro und 50.000 Euro recht weit gefasst ist, ist es realistisch, dass Unternehmen mit einem Jahresumsatz unterhalb von 22.000 Euro im darauffolgenden Jahr nicht mehr als das Doppelte erzielen werden. Daher kannst Du davon ausgehen, dass Du bei entsprechend niedrigen Umsätzen im laufenden Jahr auch die Umsatzgrenze im Folgejahr nicht überschreiten wirst.
Solange Deine Prognose für das kommende Jahr unter 50.000 Euro liegt, gilt die Kleinunternehmerregelung für das laufende Jahr. Stellt sich am Ende eines Jahres heraus, dass die Umsätze entgegen der Prognose höher ausgefallen sind, dann bleibt die Regelung dennoch für das betreffende Jahr gültig. Erst im darauffolgenden Jahr entsteht die Umsatzsteuerpflicht für den bisherigen Kleinunternehmer. Die Kleinunternehmerregelung gilt danach nicht mehr.
Sobald der Kleinunternehmer die Entgeltgrenze von 22.000 Euro brutto im Jahr überschreitet, verliert er seinen Kleinunternehmerstatus und wird automatisch umsatzsteuerpflichtig. Die Umsatzsteuerpflicht beginnt in diesem Fall im darauffolgenden Kalenderjahr.
Da das Finanzamt nicht zeitgleich über den gestiegenen Umsatz informiert wird, erhält der bisherige Kleinunternehmer keine Aufforderung durch die Behörde, dass er die Umsatzsteuerpflicht in Zukunft anzuwenden hat. Daher gilt für Kleinunternehmer eine besondere Sorgfaltspflicht, ihre Umsätze rechtzeitig und regelmäßig zu kontrollieren. Sie müssen selbstständig die Umsatzsteuer in ihren Rechnungen erheben, sobald sie feststellen, dass sie die Umsatzgrenzen überschritten haben und somit die Kleinunternehmerregelung für sie nicht mehr gilt.
Sind die Kunden des Kleinunternehmers selbst Kleinunternehmer, umsatzsteuerbefreite Institutionen oder Privatleute, dann hat der Kleinunternehmer einen deutlichen Wettbewerbsvorteil seinen umsatzsteuerpflichtigen Konkurrenten gegenüber. Seine Preise sind – je nach Leistung und je nachdem, ob auf diese Leistung normalerweise 7% oder 19% Umsatzsteuer aufgeschlagen würde – für diese Kunden niedriger als beim umsatzsteuerpflichtigen Mitbewerber.
Keine Aufsplittung von Einnahmen und Ausgaben
Kleinunternehmer müssen die Umsatzsteuer nicht in ihrer Buchhaltung behandeln. Das bringt für sie nicht nur eine erhebliche Erleichterung in ihrem Verwaltungsaufwand mit sich. Denn die laufende Trennung von Nettobeträgen, Steuerbeträgen und Bruttobeträgen samt ihrer Einbuchung entfällt für sie vollständig. Daneben muss der Kleinunternehmer keine regelmäßigen Umsatzsteuervoranmeldungen, sondern lediglich eine jährliche Umsatzsteuererklärung abgeben.
Gewinnermittlung mit EÜR
Sofern er nicht als Kaufmann arbeitet und einen Handelsregistereintrag hat, ist für seine Gewinnermittlung zudem nur eine Einnahmenüberschussrechnung EÜR und keine Bilanz erforderlich. Somit sind Kleinunternehmer, wenn sie nicht ins Handelsregister eingetragen sind, auch nicht verpflichtet, eine doppelte Buchführung zu erstellen. Sie können vielmehr eine einfache Buchführung anlegen und profitieren so von erheblichen Einsparungen für die Verwaltung ihres Betriebs.
Umsatzsteuerpflichtige Unternehmen sind zum Vorsteuerabzug berechtigt. Da Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer erheben und einnehmen, können sie auch keine ausgegebene Umsatzsteuer dagegen rechnen. Sie müssen daher ihre bezahlte Mehrwertsteuer aus Lieferantenrechnungen in voller Höhe selbst tragen.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Ist ein Unternehmer umsatzsteuerpflichtig, kann er die Mehrwertsteuer seiner eigenen Betriebsausgaben vom Finanzamt zurückfordern. Das bedeutet: Ein Bleistift, den er als Arbeitsgerät anschafft und der im Laden 1,19 Euro kostet, kostet ihn nur noch 1,00 Euro, weil er 19 % Mehrwertsteuer vom Finanzamt zurückerstattet bekommt. Bei Bleistiften ist die Ersparnis vielleicht noch nicht beeindruckend, bei einer kompletten Erstausstattung des Betriebs mit Computer, Büromöbeln und Arbeitsmaterialien können die erstatteten Summen jedoch deutlich spürbar ausfallen.
Hat der Kleinunternehmer umsatzsteuerpflichtige Unternehmer als Kunden, bringt ihm die Kleinunternehmerregelung keinen Wettbewerbsvorteil. Denn gewerbliche Kunden erhalten die auf Rechnungen ausgewiesene und bezahlte Mehrwertsteuer bei der nächsten Vorsteueranmeldung vom Finanzamt zurückerstattet. Gewerbliche Kunden haben von einer mehrwertsteuerbefreiten Rechnung daher keinen Vorteil, womit auch der Wettbewerbsvorteil entfällt.
Unternehmer, die die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, geben damit zu erkennen, dass ihre Einnahmen unterhalb einer Geringfügigkeitsgrenze liegen. Das kann bei Geschäftspartnern und Kunden zu einem negativen Eindruck über den Betrieb führen. Wer preisgibt, dass seine Erträge nur gering ausfallen, der vermittelt, dass der Erfolg seines Unternehmens nicht besonders hoch ist. Das führt zu der Annahme, die Qualität könnte damit in Zusammenhang stehen.
Zudem fordert die Preisgabe des eingeschränkten Erfolgs dazu heraus, die Preise des Kleinunternehmers noch weiter nach unten zu drücken. Kunden reagieren positiv auf Erfolg und sind gerne bereit, hochpreisige Ware entsprechend hoch zu bewerten. Wer hingegen seine Ware oder Dienstleistung aufgrund von geringem Erfolgsergebnis günstig anbietet, dessen Angebot wird entsprechend niedrig bewertet. Das kann Preisverhandlungen zur Folge haben, die zu Umsatzeinbußen beim Kleinunternehmer führen können.
Die Kleinunternehmerregelung kann zur negativen Werbung für das Unternehmen ausschlagen. Daher sollte der Schritt in die Kleinunternehmerregelung im Vorfeld sorgfältig abgewogen werden.
Eine Rechnung, die der Kleinunternehmerregelung unterliegt, muss einen entsprechenden Hinweis nach § 19 UStG enthalten.
Der Hinweis auf den § 19 des UStGs ist zwingend notwendig, denn er begründet, warum die Rechnung keine Mehrwertsteuer enthält. Da normale Unternehmen dazu verpflichtet sind, Mehrwertsteuer auszuweisen und zu verlangen, wäre eine Rechnung ohne den Steuerbetrag nicht rechtskräftig gültig. Daher müssen Kleinunternehmer ihren Kunden auf der Rechnung mitteilen, dass die Rechnung aus rechtmäßigen Gründen keine Mehrwertsteuer verlangt. Der Hinweis auf der Rechnung muss eindeutig sein und kann zum Beispiel eine der folgenden Formulierungen enthalten:
Als Kleinunternehmer musst Du vielleicht nicht so viele Rechnungen schreiben wie größere Unternehmen. Hier erfährst Du, warum auch als Kleinunternehmer eine Rechnungssoftware trotzdem hilfreich ist.
Wenn Du als Kleinunternehmer arbeitest und hohe Ausgaben durch Wareneinkäufe oder für Anschaffungen hast, dann kannst Du keine Vorsteuer geltend machen. Daher lohnt es sich für Kleinunternehmer, die mit hohen Investitionen rechnen, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. In diesem Fall gilt es, die beabsichtigten Investitionen auf den Zeitpunkt zu verlegen, wenn die Kleinunternehmerregelung aufgehoben ist. Da es sich zum Beispiel schwierig gestalten kann, während eines laufenden Kalenderjahres den Status als Kleinunternehmer aufzugeben, kann es sinnvoll sein, erst zum Jahreswechsel den Ausstieg vorzunehmen und die Investitionen oder Wareneinkäufe im neuen Jahr umzusetzen.
Mit dem Austritt aus dem Status als Kleinunternehmer wechselst Du automatisch in die sogenannte Regelbesteuerung. In der Regel muss jeder Unternehmer seine Erträge mit Mehrwertsteuer belegen und ist somit umsatzsteuerpflichtig. Nur Kleinunternehmer sind aufgrund ihrer besonderen Situation von der Regelung ausgenommen. Wer auf seinen bisherigen Kleinunternehmerstatus verzichten möchte, obwohl er die Umsatzgrenzen nicht überschreitet, der kann das jederzeit erklären. Hierfür ist ein formloses Schreiben an das Finanzamt erforderlich, in dem der Kleinunternehmer seinen Verzicht erklärt, die Kleinunternehmerregelung in Zukunft in Anspruch zu nehmen. In der Folge muss er ab dem festgelegten Zeitpunkt des Verzichts in seinen Rechnungen Umsatzsteuer erheben und auch regelmäßige Umsatzsteuervoranmeldungen erstellen.
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