15. Dez 2019 | Gründung
Wer mit geschickten Händen Wunder beim Reparieren und Basteln vollbringen kann, dem steht einer Neugründung als Handwerker nichts mehr im Weg? Na ja, nicht ganz – in Deutschland gibt es ein paar formelle Pflichten und Fallstricke, über die Du Dich im Vorfeld unbedingt informieren solltest. Wer die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, kann die Wahrheit hinter dem Sprichwort „Handwerk hat goldenen Boden“ schon bald selbst entdecken.
Für Deine Neugründung als Handwerker musst Du grundsätzlich drei Berufskategorien unterscheiden:
Bereits im Mittelalter war der Zugang zum Markt für bestimmte Handwerke eingeschränkt. Die Beschränkung sicherte die Qualität der handwerklichen Arbeit und war somit ein Garant für Produktqualität. Zudem stellte die Meisterpflicht die Überlebensfähigkeit der bereits bestehenden Betriebe sicher. Sie waren vor Billigkonkurrenz geschützt, sodass ein Handwerksbetrieb in der Regel für ein gesichertes Auskommen des Meisters und seiner Angestellten sorgte. Die Meisterpflicht wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder aufgehoben und erneut eingeführt. In Deutschland gilt sie seit 1935 als Voraussetzung dafür, um in einem bestimmten Handwerk einen Betrieb zu eröffnen. Seit 1953 schreibt die Handwerksordnung eine Meisterprüfung vor, um einen Handwerksbetrieb zu eröffnen. Erst im Jahr 2004 schaffte die Rot-Grüne Regierung in Deutschland die Meisterpflicht für 53 von insgesamt 94 Handwerksberufen ab.
Die Regierung wollte mit der Abschaffung der Meisterpflicht für mehr Unternehmensgründungen und einen verstärkten Wettbewerb sorgen. Das Instrument sollte der Arbeitslosigkeit entgegen wirken und für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgen. Die Meisterpflicht sollte nur noch für diejenigen Handwerke bestehen bleiben, die eine hohe Qualität erfordern, da sie mit einem Risiko für die Gesundheit oder das Leben Dritter einhergehen. Trotz der Abschaffung der Meisterpflicht können Handwerker in den Gewerken, für die keine Meisterpflicht mehr besteht, einen Meistertitel freiwillig erwerben.
Wer einen Meisterbrief in seinem Handwerk erworben hat, kann:
Eine Stellungnahme der Regierung zu der Veränderungen im Handwerksbetrieb nach der Abschaffung der Meisterpflicht zeigte, dass die Zahl der Meisterbetriebe stark abgesunken ist. Dahingegen ist die Unternehmensgröße der verbleibenden Meisterbetriebe angewachsen. In den zulassungsfreien Gewerken gab es sehr viele Neugründungen von Einzelunternehmern, die nach kurzer Zeit ihren Handwerksbetrieb wieder aufgaben. Die Zahl der Ausbildungsplätze im Handwerk ist stark gesunken. Die Auswertung zeigte insgesamt eine negative Entwicklung durch die teilweise Abschaffung der Meisterpflicht.
Das Ergebnis der Auswertung führte zur Wiedereinführung der Meisterpflicht in bestimmten Gewerken. Nach der Abschaffung der Meisterpflicht für insgesamt 53 Gewerke im Jahr 2004 ist daher mit dem Jahresbeginn 2020 die Meisterpflicht für spezielle Handwerksberufe wieder eingeführt. Die Wiedereinführung der Meisterpflicht mit ihrer höheren Qualität sorgt insbesondere für eine Verbesserung des Verbraucherschutzes. Zudem schaffen mehr Meisterbetriebe auch mehr Ausbildungsplätze. Schließlich stellt der Meisterbrief ein solides Fundament für Inhaber, um ihren Handwerksbetrieb wirtschaftlich erfolgreich zu führen.
In der Handwerksordnung findest Du im § 1 Abs. 2 die Anlage A ein Verzeichnis der Gewerbe, die einen Meistertitel erfordern. Hierzu gehören neben vielen anderen:
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Die Liste der Handwerksberufe, die laut § 1 Abs. 2 Anlage A HWO einen Meistertitel erfordern, ist ab dem Jahr 2020 um einige Gewerke erweitert, deren Meisterpflicht 2004 abgeschafft worden war. Betroffen sind die folgenden Gewerke:
Ein Handwerksbetrieb, der in einem seit 2004 zulassungsfreien Gewerk besteht, genießt einen sogenannten Bestandsschutz. Das bedeutet, dass der Handwerksbetrieb ohne Änderung auch weiterhin geführt werden kann und kein Meisterbrief nachgeholt werden muss.
In der Handwerksordnung (Anlage B § 18 Abs. 2 HwO) findest Du ein Verzeichnis der Gewerbe, die auch nach der Wiedereinführung der Meisterpflicht keinen Meistertitel erfordern. Die Liste der aufgeführten Gewerbe ist ab dem Jahreswechsel 2020 entsprechend angepasst. Hierzu gehören neben vielen anderen:
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Auch in den Handwerksberufen ohne Meisterpflicht kannst Du eine Meisterprüfung ablegen. Der Meistertitel ist auch in diesen Berufen ein Qualitätsmerkmal, das Deinem Betrieb Vertrauen bei der Kundschaft verschafft.
Laut HwO Anlage B § 18 Abs. 2:
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In vielen Berufen gilt die sogenannte Meisterpflicht, auch Meisterzwang genannt. Diese Pflicht bzw. dieser Zwang besagt, dass nur ein Handwerksmeister einen selbstständigen Handwerksbetrieb führen darf. Erkundige Dich vor der Gründung Deines Handwerksunternehmens unbedingt, ob für Dich die Meisterpflicht auch gilt. Solltest Du selbst sowieso einen Meistertitel tragen: alles paletti. Wenn Du keinen Meistertitel hast, aber trotzdem einen Handwerksbetrieb gründen willst, kannst Du auch einen Handwerksmeister einstellen – auch damit erfüllt Dein Betrieb dann die nötige Voraussetzung.
Auch andere Formen der Ausbildung können Dich zum Meistertitel führen. In der Handwerksordnung legt der § 7 Abs. 2 genau fest, welche Fachausbildungen dem Meistertitel gleichgestellt sind. Dazu gehören neben Ingenieuren
Voraussetzung für ihren Eintrag in die Handwerksrolle ist, dass ihr Studienschwerpunkt oder der Schulschwerpunkt ihrer Prüfung dem Handwerk entspricht, für das sie zugelassen werden wollen. Aber auch andere staatlich anerkannte Prüfungen, die Dich dazu befähigen, das angestrebte Handwerk auszuüben, können Dir den Meistertitel verschaffen.
Berufstätige, die nachweislich über mehrere Jahre hinweg in einer leitenden Position in einem Unternehmen im entsprechenden Handwerk gearbeitet haben, können sich auch in Berufen mit Meisterpflicht selbstständig machen. Über eine Zulassung kann Dich in Deinem individuellen Fall die Handwerkskammer beraten. Dort stellst Du auch Deinen Antrag zur Eintragung in die Handwerksrolle.
Die Handwerkskammer ist keine Option, sondern eine Pflicht für selbstständige Handwerker. Dein Betrieb muss in der entsprechenden Kammer Mitglied werden. Für Dich bedeutet das zwar auf der einen Seite, dass Du auch zu regelmäßigen Mitgliedsbeiträgen verpflichtet bist. Andererseits ist die Handwerkskammer auch eine Interessenvertretung Deiner Branche, die Dir bei Fragen und für Informationen jederzeit zur Verfügung stehen wird. Die Verpflichtung hat also ihre durchaus positiven Seiten!
Auch Handwerksbetriebe sind ein Gewerbe und müssen deshalb beim Gewerbeamt angemeldet werden. Voraussetzung für die Anmeldung ist übrigens der Gang zur Handwerkskammer, den Du schon vorher erledigt haben musst. Erst wenn Dein Betrieb bei der Handwerkskammer in der Handwerksrolle eingetragen ist und die Kammer Dir eine Handwerkskarte ausgestellt hat, kann Dein Gewerbe angemeldet werden.
Mitgliedschaft in der Handwerkskammer und Eintragung im Gewerberegister sind schon mal zwei Meilensteine auf dem Weg zur Gründung Deines Handwerkbetriebs! Jetzt brauchst Du noch eine Genehmigung der Unteren Bauaufsicht. Dann hast Du beinahe alle Formalitäten geklärt! Die Untere Bauaufsicht ist zuständig für die Genehmigung Deiner Betriebsstätte. Wenn die Räume Deines neu gegründeten Handwerksbetriebs bisher privat genutzt oder von einem Lager in eine Werkstatt umgebaut wurden, dann musst Du die Baumaßnahmen genehmigen lassen. Wenn Du einen Betrieb übernimmst, der keine neue Nutzung nach sich zieht, dann entfällt die Genehmigungspflicht Durch die Untere Bauaufsicht.
Für manche handwerklichen Betriebe gilt eine Versicherungspflicht bei der Berufsgenossenschaft, andere dürfen sich freiwillig dort versichern. Wenn Du in Deinem Betrieb Mitarbeiter beschäftigst, dann hast Du eine Pflicht zur Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft. In jedem Fall ist es vorteilhaft, sich schon zu Beginn der Existenzgründung aktiv bei der Berufsgenossenschaft zu melden. Zwar würde sie irgendwann von sich aus auf Dich zukommen, aber besser ist es, wenn Dein Betrieb von Anfang an den richtigen berufsbezogenen Versicherungsschutz genießt!
Wenn Deine Neugründung als Handwerker in der Rechtsform GmbH umgesetzt werden soll, dann brauchst Du einen Gesellschaftsvertrag, den Du von einem Notar beurkunden lässt. Danach brauchst Du eine Eintragung in das Handelsregister, die Du beim Amtsgericht ausführen lässt. Aber auch als Einzelunternehmer kannst Du unter die Pflicht des Handelsregistereintrags kommen, wenn Dein Geschäftsumsatz einen festgelegten Betrag übersteigt.
Für bestimmte Handwerksberufe brauchst Du gesonderte Nachweise, um Deine Tätigkeit auszuführen. Als Gas- oder Wasserinstallateur zum Beispiel musst Du in das örtliche Installateurverzeichnis eingetragen sein. Denn nur ausdrücklich ermächtigten Fachleuten ist der Zutritt zum Beispiel zu öffentlichen Versorgungsnetzen erlaubt.
Bund und Länder haben verschiedene Förderprogramme, die speziell die Neugründung als Handwerker unterstützen sollen. Das sind teilweise staatlich geförderte verbilligte Darlehen, teilweise kostenlose Coachings für Existenzgründer. Von Bundesland zu Bundesland sehen die Förderungen unterschiedlich aus. Daneben gibt es noch deutschlandweite Förderungen des Handwerks durch den Bund, über die Du auf der Website des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mehr erfährst.