19. Sep 2019 | Buchhaltung
Wie hängen das papierlose Büro und Aufbewahrungsfristen für Einzelunternehmer zusammen? Ersteres ist ein schöner Traum über unkomplizierte Büroorganisation, zweiteres steht diesem Traum leider (noch) im Weg. Belege, Quittungen, Verträge – geschäftliche Unterlagen müssen aufbewahrt bleiben, und zwar je nach Art der Unterlagen 6 bis 10 Jahre lang. Das wird jedenfalls in den Aufbewahrungspflichten so verordnet.
Die Aufbewahrungspflicht mit ihren Aufbewahrungsfristen für Dokumente gehört zur grundsätzlichen Aufzeichnungspflicht, mit der die Pflicht zur Buchführung einhergeht. Die Pflichten zur Aufzeichnung und Aufbewahrung geschäftlicher Dokumente sind durch das Steuerrecht und das Handelsrecht festgesetzt. Zwar sind einige Unternehmensformen von der Pflicht zur doppelten Buchführung ausgenommen, nicht jedoch von der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht.
Daher müssen grundsätzlich folgende Unternehmen ihre betrieblich bedeutsamen Dokumente aufbewahren:
Unter bestimmten Voraussetzungen gilt auch für Privatleute die Pflicht, Unterlagen aufzubewahren. Von der Pflicht zur Aufbewahrung sind Unterlagen für Leistungen im Haus oder in der Wohnung betroffen, wie zum Beispiel Rechnungen, Quittungen oder andere Belege, die durch Handwerker und andere Dienstleister ausgestellt wurden.
Die Pflicht zur Aufbewahrung von Rechnungen, die sich auf Leistungen am eigenen Grundstück beziehen, gelten zum Beispiel für folgende Leistungen:
Für Privatleute gilt eine Aufbewahrungsfrist von zwei Jahren für entsprechende Handwerker- oder sonstige Dienstleistungsrechnungen. Handwerker müssen auf ihrer Rechnung einen Hinweis anführen, der ihre Kunden darüber aufklärt, dass sie das Dokument über einen Zeitraum von zwei Jahren aufbewahren müssen.
Es ist keine Schikane, die Einzelunternehmer verpflichtet, Unterlagen vom Kassenbon im Schnipselformat bis zum mehrseitigen Vertrag aufzubewahren – Aufbewahrungsfristen dienen im Fall der Betriebsprüfung durch das Finanzamt dazu, dass die Nachvollziehbarkeit geschäftlicher Aktivitäten gewährleistet ist. Weil sich eine Betriebsprüfung aber höchstens auf die vergangenen 10 Jahre beziehen kann, dürfen Unterlagen früher oder später dem Reißwolf als Futter dienen.
Grundsätzlich gilt: Die Frist beginnt immer ab dem ersten Tag des Folgejahres nach Entstehen des Dokuments. Das bedeutet: Wenn Unterlagen vom Januar 2017 datiert sind, beginnt die Laufzeit der Frist am 1. Januar 2018. Dasselbe gilt für Unterlagen, die im Dezember 2017 entstehen: Auch hier zählt die Uhr ab dem 1. Januar 2018 herunter. Wichtige Regel: Der Monat, aus dem ein Dokument stammt ist nicht entscheidend, sondern ausschließlich das Kalenderjahr!
Grundsätzlich musst du sämtliche Dokumente aufbewahren, die für die steuerliche Dokumentation Deiner Geschäftsvorgänge, insbesondere der Einnahmen und Ausgaben Deines Unternehmens eine Bedeutung haben. Zu den Unterlagen, die du aufbewahren musst gehören nach der Abgabenordnung laut § 147 Abs. 1 AO:
Die Einordnung der Unterlagen ist nicht immer ganz eindeutig festzulegen. Daher gilt es, die Dokumente vor dem Sortieren gründlich zu prüfen und das Ordnungssystem strikt einzuhalten. Laut der Abgabenordnung dienen Arbeitsanweisungen und Organisationsvorschriften dem Verständnis der Aufzeichnungen und des Ordnungssystems. Daher müssen diese unbedingt so lange aufbewahrt werden, wie die Dokumente, deren Erläuterung sie dienen.
Zu den Geschäftsbriefen zählen alle schriftlichen Mitteilungen, die die Adresse der Firma als Absender oder als Anschriftsadresse enthalten. Dazu gehören in der Regel grundsätzlich alle Dokumente, die auf dem Briefpapier der Firma geschrieben sind. Zu den Geschäftsbriefen zählen daher Rechnungen, Quittungen, Lieferscheine, Auftragsbestätigungen, Verkaufsunterlagen und Empfangsbestätigungen.
Buchungsbelege weisen einen Geschäftsvorgang nach, zu denen ein Zahlungsfluss gehört. Die Aufbewahrung von Rechnungen regelt das Umsatzsteuergesetz im § 14 b UStG. Demnach müssen Unternehmer gestellte Rechnungen in Kopie und Eingangsrechnungen im Original aufbewahren.
Eine gute Nachricht: Es gibt nur zwei Arten von Aufbewahrungsfristen für Dokumente, 6 Jahre oder 10 Jahre – nichts darunter, dazwischen oder darüber.
Unterlagen mit 6 Jahren Aufbewahrungsfrist sind, sehr grob gesagt, vor allem Schriftstücke, die der geschäftlichen Korrespondenz dienen: ein- und ausgehende Geschäftsbriefe (Post, die du selbst versandt hast, solltest du unbedingt in Kopien archivieren!) und geschäftliche E-Mails (die übrigens in digitaler Form und auf Papier aufbewahrt werden sollten). Auch betrifft die sechsjährige Aufbewahrungsfrist Angebote, Verträge und Auftragsbestätigungen.
Die Aufbewahrungsfrist für Angebote entspricht der Aufbewahrungspflicht für Rechnungen. Erneut vereinfacht gesprochen gelten die zehnjährigen Aufbewahrungsfristen der Buchhaltung immer dann, wenn es konkret um Finanzen geht. Das betrifft vor allem:
Für alle diese Dokumente gelten die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten für die Buchhaltung, die sich über zehn Jahre erstrecken. Die Dokumente müssen über die Dauer der Aufbewahrung hinweg gut lesbar bleiben. Daher gilt es auf Belege, die auf Thermopapier gedruckt sind, besondere Aufmerksamkeit zu verwenden. Denn Dokumente aus Thermopapier verblassen vorzeitig und sollten daher grundsätzlich bei ihrem Eingang in die Buchungsunterlagen kopiert werden. Darüber hinaus müssen die archivierten Dokumente jederzeit für einen kurzfristigen Zugriff bereit gehalten werden.
[xyz-ihs snippet=“Flexible-Buchhaltung“]
Neben den beiden terminierten Aufbewahrungspflichten greift eine Verlängerung der Aufbewahrungspflicht bei folgenden Umständen:
Die Aufbewahrungspflichten für Buchhaltungen in elektronischer Form unterliegen den Vorgaben der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff).
Angebote, die nicht zu einem Auftrag geführt haben, müssen nicht zwingend aufbewahrt werden. Auch sind von den Aufbewahrungsfristen Preislisten nicht betroffen, während die Aufbewahrungsfrist für Lieferscheine mit dem Erhalt der dazu gehörenden Rechnung endet. Betriebsinterne Aufzeichnungen zu archivieren, wie zum Beispiel Kalender, Fahrberichte oder Arbeitsberichte gehört ebenso nicht zu den Aufbewahrungspflichten der Buchhaltung. Auch Auflistungen des Sortiments zu Werbe- oder Akquisezwecken müssen nicht aufbewahrt werden.
Unternehmen, die zur doppelten Buchführung verpflichtet sind und eine Bilanz abgeben müssen, müssen zwar ihre Jahresbilanzen gewissenhaft archivieren, nicht aber solche Bilanzen, die sie zusätzlich aus informativen Zwecken monatlich oder quartalsweise erstellt haben.
Werden die Aufbewahrungspflichten verletzt, dann erkennt das Finanzamt die Buchführung des betroffenen Unternehmens nicht an. Denn nur die Einhaltung der Pflichten zur Aufbewahrung von geschäftlichen Dokumenten lässt den Schluss zu, dass die Buchführung ordnungsgemäß und nach den Vorgaben der Abgabenordnung in den § 140 bis § 148 AO erstellt wurde. In der Folge wird das Finanzamt die Umsätze und den Gewinn des betroffenen Unternehmens schätzen. Die Schätzungen des Finanzamts werden in der Regel hoch angelegt, sodass entsprechend hohe Steuerzahlungen fällig werden. Die Verletzung der Aufbewahrungspflichten kann das Finanzamt im Einzelfall und unter besonderen Umständen auch als Straftatbestand werten. Sofern die Buchhaltung ihre Aufbewahrungsfristen aufgrund von höherer Gewalt nicht einhalten kann, wie zum Beispiel aufgrund von Hochwasser oder Feuer, kann das Finanzamt ihr das hingegen nicht anlasten.
Die Abgabenordnung nennt in § 147 Abs 1 AO die Unterlagen, die der Aufbewahrungspflicht unterliegen, im Einzelnen. Dort werden Angebote nicht ausdrücklich bezeichnet. Vielmehr bezeichnet die Abgabenordnung neben Büchern, Bilanzen und Buchungsbelegen allgemein sonstige Unterlagen, die für das Verständnis von Geschäftsunterlagen sowie für die Besteuerung von Bedeutung sind, als archivierungspflichtig. Auch das Handelsgesetzbuch zählt im § 257 Abs. 1 HGB die Unterlagen im Einzelnen auf, die aufzubewahren sind. Das Handelsgesetzbuch unterwirft neben Buchungsbelegen und Geschäftsbüchern insbesondere auch Geschäftsbriefe der Archivierungspflicht, ohne das Angebot ausdrücklich zu nennen.
In der Praxis ist daher die richtige Einordnung derjenigen Unterlagen, die der Aufbewahrungspflicht konkret unterliegen, oftmals umstritten und problematisch. Denn nicht jedes Dokument, das in der Firma erstellt und an einen Geschäftspartner oder Kunden verschickt wird, ist auch ein steuerlich relevanter Beleg oder ein Nachweis für eine Buchung. Daher lohnt es sich, die Stellung des Angebotes genau zu untersuchen, um die Archivierungspflicht hierfür richtig zu bewerten.
Angebote sind zwar keine Belege für gelieferte Waren oder gefertigte Leistungen. Dennoch ist das Angebot ein betriebliches Dokument, das zum Verständnis von Büchern und Aufzeichnungen sowie für Organisationsunterlagen beiträgt. Zum Verständnis von entsprechenden Unterlagen trägt das Angebot immer dann bei, wenn es zu einem Geschäftsabschluss geführt hat.
Ist ein Geschäftsabschluss aufgrund eines Angebotes erfolgt, zählt das Angebotsschreiben zu den steuerlich bedeutsamen Unterlagen, für die die reguläre Archivierungspflicht gilt. Denn ein Angebot, das zu einem Geschäftsabschluss geführt hat, erlangt seine steuerliche Bedeutung dadurch, dass es in unmittelbarem Zusammenhang mit dem erzielten Ertrag steht. In diesem Fall ist das Angebot ein reguläres geschäftliches Dokument, das die Abgabenordnung ebenso wie das Handelsgesetzbuch als steuerlich relevante Unterlage bezeichnet.
Das Angebot wird aber auch durch die Abgabenordnung und das Handelsgesetzbuch als Geschäftsbrief eingestuft, für den die Archivierungspflicht gilt. Denn das Gesetz bezeichnet jegliche Korrespondenz als Geschäftsbrief, die die Vorbereitung, die Durchführung oder die Annullierung eines Geschäfts zum Inhalt hat. Da das Angebot stets zur Vorbereitung und Durchführung eines Geschäftsabschlusses dient, gehört es regulär zu den Geschäftsbriefen im Sinne der AO und des HGB, für die die Archivierungspflichten einzuhalten sind.
Laut den gesetzlichen Regelungen gilt die sechsjährige Aufbewahrungspflicht für sämtliche Geschäftsbriefe und deren Kopien ebenso wie für sonstige Unterlagen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Da die Stellung von Angeboten in diese beiden Kategorien fällt, unterliegen sie der entsprechenden sechsjährigen Aufbewahrungsfrist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ende desjenigen Kalenderjahres, in dem das Dokument entstanden ist. Die Aufbewahrungsfristen gelten gleichermaßen für Unterlagen, die auf Papier gedruckt sind, wie auch für elektronisch erstellte Daten.
von Julia Dombrovski, Erweiterung von Christine Olbrich