08. Aug 2017 | Experten
Was macht man eigentlich, wenn nach der dritten Mahnung immer noch kein Geld vom säumigen Kunden auf dem Konto eintrudelt? Das Zauberwort hierbei: Inkasso. Andreas Stock und Torsten Pagel von der Debitor-Inkasso GmbH sind Experten, wenn es darum geht, zwischen ihren Auftraggebern und deren nicht-zahlenden Kunden zu vermitteln. Im Interview erfahrt ihr alles rund um den sinnvollen Einsatz eines Inkassounternehmens.
Hallo Andreas, hallo Torsten, stellt euch und die Debitor-Inkasso GmbH unseren Lesern bitte kurz vor.
Andreas: Hallo, ich heiße Andreas Stock und bin seit über 30 Jahren bei der Debitor-Inkasso GmbH (DIG) in den verschiedensten Funktionen tätig und seit 2001 der CEO unseres Unternehmens. Wir sind ein 100%-Beteiligungsunternehmen der Hubert Burda Media und beschäftigen uns seit 1978 mit dem Forderungsmanagement für Unternehmen aus den verschiedensten Branchen.
Torsten: Hallo, ich bin Torsten Pagel und der COO des Unternehmens. Der Schwerpunkt unseres Forderungsmanagements ist auf den Erhalt der Kundenbeziehungen gerichtet, damit unsere Auftraggeber nach dem (erfolgreichen) Inkassoprozess auch weiter mit ihren Kunde arbeiten und Umsatz machen können.
Bei dem Begriff „Inkasso“ haben viele Menschen unangenehme Bilder vor Augen: Finstere Schlägertypen, Mafiamethoden und verängstigte Schuldner. Kämpft die Branche noch immer mit diesem Image?
Torsten: Dieses Image keimt immer mal wieder in der einen oder anderen Berichterstattung auf, hat aber mit der Realität nichts zu tun. Bei genauerem Hinsehen stellt man schnell fest, dass es sich dabei dann um leider noch immer am Markt befindliche schwarze Schafe handelt oder um Unternehmen, die ohne rechtliche Erlaubnis aus dem Ausland agieren.
Tatsache ist, dass die Inkassounternehmen seit vielen Jahren nicht mehr weg zu denkende Partner in nahezu allen Wirtschaftsbranchen sind. Fast alle Inkassounternehmen sind heute Mitglied im Bundesverband Deutscher Inkassounternehmen (BDIU) und unterwerfen sich dabei strengen Handlungsvorgaben. Inkassounternehmen benötigen zur Durchführung Ihrer Tätigkeit eine Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz und unterliegen somit starken Kontrollen. Dabei nehmen viele Inkassounternehmen immer eine Mittlerrolle zwischen Ihren Auftraggebern und deren säumigen Kunden ein.
Aus welchen Gründen kommen eure Kunden zu euch? Und ab wann sollten Unternehmen über die Beauftragung eines Inkasso Dienstleisters nachdenken?
Andreas: Unsere Kunden beklagen in aller Regel eine sich verschlechternde Zahlungsmoral und haben zunehmend Probleme bei der Realisierung Ihrer offenen Forderungen und das, obwohl unsere Kunden selbst schon Zahlungserinnerungen und Mahnungen versendet haben. Billomat-Kunden werden es kennen, dass trotz optimal gesteuerter Mahnprozesse am Ende doch immer noch eine Anzahl nicht bezahlter Vorgänge übrig bleiben. Dann kommen wir ins Spiel und übernehmen das weitere Forderungsmanagement und stimmen uns dabei eng mit unseren Kunden ab.
Mit welchen Erfolgsquoten dürfen eure Gläubiger rechnen?
Andreas: Das ist eine nicht leicht zu beantwortende Frage, da hier sehr viele Faktoren zu berücksichtigen sind, z. B. Alter und Höhe der Forderungen, Branche, Kundenzielgruppe etc.. Durchschnittlich kann aber davon ausgegangen werden, dass über die Hälfte der Außenstände beitreibbar sind. Es gibt aber – wie gesagt – auch mal deutliche Schwankungen nach oben und unten.
Welche Branchen leiden am meisten unter Zahlungsverzug und -ausfällen. Könnt ihr hier einen „Trend“ feststellen?
Torsten: Nach unseren Erfahrungen klagen fast alle Branchen über Zahlungsausfälle. Aber insbesondere E-commerce, Telekommunikation, Handwerk und Energie stehen bei diesem Thema meistens weit oben.
Nach unseren Erfahrungen klagen fast alle Branchen über Zahlungsausfälle.
Mahnungen und Inkasso sind meist der allerletzte Schritt. Wie können Unternehmen die Zahlungsmoral ihrer Kunden bereits vorab verbessern?
Andreas: Ich hatte in einer vorherigen Frage schon einmal darauf hingewiesen. Unternehmen können sich durch professionelle Buchhaltungs- und Mahnprogramme selbst zu einem großen Teil vor Zahlungsausfall schützen. Wichtig ist, dass man sehr stringent funktionierende Mahnstrategien fährt und diese auch technisch unterstützen kann. Nur so kann man seinen Schuldnern zu verstehen geben, dass man Zahlungsverzögerungen oder gar Ausfall nicht tolerieren wird. Wichtig ist also, dass man in dieser Beziehung auch intern gut aufgestellt ist.
Heutzutage nutzen Inkassounternehmen vielfältige Kommunikationskanäle, um säumige Schuldner zu erreichen und eine Rückzahlung einzuleiten, unter anderem auch SMS oder WhatsApp. Welche Kanäle haben sich für euch bewährt?
Torsten: Das Anbieten vielfältiger Kommunikationskanäle ist heute enorm wichtig für den Zahlungserfolg, ohne Frage. Der Schuldner muss die Möglichkeit haben, zu jeder Tages- und Nachtzeit mit uns als Inkassounternehmen zu kommunizieren. Wir bieten zusätzlich zu den Kanälen SMS und WhatsApp ein 24/7 Selfserviceportal für die Schuldner an. Vom Volumen her hat heute allerdings noch die Mail-Kommunikation als digitaler Kanal die größte Bedeutung. Mit den modernen Kommunikationskanälen wird auch die Bearbeitung von Rückfragen oder das Ausräumen von Missverständnissen enorm beschleunigt. Sie tragen so zu einem optimierten Zahlungserfolg bei.
Wie geht ihr vor, wenn ein säumiger Schuldner die offene Forderung nicht begleichen kann? Gibt es spezielle Angebote wie Ratenzahlung oder verminderte Forderungsbeträge?
Andreas: Wichtig ist, dass wir uns schnell mit dem Schuldner einig werden, dass die Forderung besteht und ausgeglichen werden muss. Wenn dieser Konsens hergestellt ist, dann finden die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners natürlich Berücksichtigung. Nochmals: Als Mittler zwischen unserem Auftraggeber und dem Schuldner werden wir uns keinem angemessenen Rückzahlungsvorschlag verschließen. Kommunikation statt Konfrontation ist hier die Devise. Von daher sind Stundungen, Ratenzahlungen oder Vergleiche selbstverständlich möglich. Wir werden aber stets darauf achten, dass geschlossene Vereinbarungen dann auch eingehalten werden.
Auf eurem Internetauftritt wird damit geworben, ein kundenerhaltendes Forderungsmanagement zu garantieren. Kannst du uns das an kurzen Beispielen darstellen?
Torsten: In der von uns beschriebenen Vermittlerrolle können wir mit dem Schuldner zum einen über die Rückführung der Forderung sprechen, zum anderen aber auch die Kundenbeziehung zu unseren Auftraggebern sichern. Viele Schuldner lassen es nur deshalb bis zur Einschaltung eines Inkassounternehmens kommen, weil man persönlich keinen Weg aus seiner Schuldensituation findet. Der Schuldner behält aber meistens seine Affinität zu den Produkten oder Leistungen unserer Auftraggeber und möchte diese auch zukünftig weiter beziehen oder in Anspruch nehmen. Hier ist es wichtig, die richtige Ansprache zu finden, um den Schuldnern einen praktikablen Lösungsweg aufzuzeigen. Dann wird er auch weiterhin ein zufriedener Kunde bleiben oder weiter sein können.
Es ist wichtig, die richtige Ansprache zu finden, um den Schuldnern einen praktikablen Lösungsweg aufzuzeigen.
Ab wann macht ein gerichtliches Mahnverfahren Sinn und wann würdet ihr euren Gläubigern davon abraten?
Andreas: Letztlich liegt die Entscheidung hierfür immer beim Auftraggeber. Natürlich werden wir aber immer auch Empfehlungen aussprechen und unseren Auftraggeber mit Informationen versorgen, die ihm die Entscheidung leichter machen. Liegen uns über den Schuldner zum Beispiel sogenannte Negativmerkmale (schlechte Bonität, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, Insolvenzdaten etc.) vor, neigen wir eher dazu, ein gerichtliches Mahnverfahren nicht sofort oder auch gar nicht anzustreben. Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch die Höhe der Forderung. Bedenken muss man, dass die gerichtliche Durchsetzung einer Forderung immer mit erheblichen, weiteren Kosten verbunden ist. Hier gilt es ausgewogen zu agieren.