05. Mrz 2019 | Gründung

Was ist eine Briefkastenfirma?

Immer dann wenn Steuerskandale aufgedeckt werden, sind oftmals auch so genannte Briefkastenfirmen einbezogen. Die Briefkastenfirma genießt aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften einen eher zweifelhaften Ruf in der Öffentlichkeit. Den Fragen, was eine Briefkastenfirma ist, ob eine Briefkastenfirma in Deutschland zulässig ist und warum Unternehmen einen Briefkasten als Firmensitz wählen, gehen die nachfolgenden Ausführungen nach.

Was ist eine Briefkastenfirma?
In einer Briefkastenfirma kommt es eher selten vor, dass regelmäßig die Post überprüft wird. In der Regel gibt es dort nämlich niemanden, der das macht. (Bild © unsplash.com)

Briefkastenfirma – was bedeutet das genau?

Eine Briefkastenfirma ist ein Unternehmen, das seinen rechtlichen Unternehmenssitz an einem anderen Ort führt, als die Geschäftsführung und die Verwaltung. An ihrem offiziellen Firmensitz hat das Unternehmen lediglich einen Briefkasten. Dieser dient dazu, eine Adresse mit korrekter Anschrift vorzuweisen und Geschäftsdokumente aufzunehmen. Eine Briefkastenfirma ist demnach ein Unternehmen, das nur auf dem Papier existiert, da es keine geschäftlichen Aktivitäten ausführt. 

Briefkastenfirmen tragen einen festgelegten Namen und haben eine offizielle Eintragung in das entsprechende Handels- oder Gewerberegister des Landes, in dem sie ansässig sind. Doch die Eigentümer halten sich nicht in dem Land auf, in dem der Briefkasten als Firmensitz gemeldet ist. 

Wie funktioniert eine Briefkastenfirma genau?

Meist liegt in einer Briefkastenfirma keinerlei geschäftliche Aktivität vor. In der Regel dienen Briefkastenfirmen dazu, steuerliche Bestimmungen in demjenigen Land zu umgehen, in dem Geschäftsführung und Verwaltung eines Unternehmens tatsächlich ansässig sind. Damit dienen solche Firmen in erster Linie dazu, um Steuern zu sparen. Wenn Unternehmen eine Briefkastenfirma anmelden, dann brechen sie damit nicht zwingend landesübliche Gesetze des Landes, in dem sie die Briefkastenfirma anmelden oder steuerliche Gesetze des Landes, in dem sich die Geschäftsleitung befindet. Vielmehr veranlassen verschiedene Löcher in der Steuergesetzgebung im Land ihres Aufenthaltes bestimmte Unternehmen dazu, dass sie in einem anderen Land eine Briefkastenfirma gründen. Wenn Firmen eine Briefkastenfirma anmelden, dann nutzen sie in der Regel die steuerlich günstigen Bedingungen des Landes, in der der Briefkasten als Firmensitz gewählt wird. 

Warum Unternehmen eine Briefkastenfirma eröffnen

Um ein Unternehmen in einem anderen Land zu gründen, ist ein Firmensitz innerhalb des betreffenden Landes erforderlich. Aus diesem Grund verschaffen sich Firmen, die eine Briefkastenfirma gründen, über den Briefkasten eine Adresse vor Ort. Sobald sie über eine Adresse verfügen, können sie ihre Briefkastenfirma anmelden. 

Wozu Unternehmen eine Briefkastenfirma gründen

Briefkastenfirmen nutzen eine günstige Steuergesetzgebung in dem Land, in dem sie den Briefkasten als Firmensitz wählen. Eine geschäftliche Aktivität des Unternehmens findet in der Regel kaum oder gar nicht statt. In der Regel sind Briefkastenfirmen inhaltsleere Gerüste, die lediglich dazu dienen, einen Firmensitz zu erhalten. Über diesen können dann Gelder transferiert werden, um sie der Besteuerung am tatsächlichen Geschäftsort zu entziehen. Da die Gelder im Land versteuert werden, in dem die Briefkastenfirmen ihren Sitz haben, findet in vielen Fällen eine legale Besteuerung durchaus statt.

Was hat die Briefkastenfirma mit der Gewinnerzielungsabsicht zu tun? Das erfährst Du hier >>

Briefkastenfirmen dienen jedoch auch oftmals dazu, um am Firmensitz des Briefkastens zum Beispiel fremde Märkte zu beobachten und erste Kontakte vor Ort zu knüpfen. Die heimische Konkurrenz nimmt von den Aktivitäten zur Markterforschung durch die Briefkastenfirmen zunächst nichts wahr. 

Welche Länder begünstigen die Briefkastenfirma?

Länder mit niedrigen Steuerlasten erfahren einen entsprechenden Zulauf von Unternehmen, die dort Briefkastenfirmen eröffnen. Zu den bevorzugten Ländern für die Eröffnung von Briefkastenfirmen gehören neben weiteren:

  • Schweiz
  • Luxemburg
  • Liechtenstein
  • Panama
  • Bahamas
  • British Virgin Islands
  • Cayman Islands

In diesen Ländern befinden sich die meisten Briefkastenfirmen. Das führt auch dazu, dass diese Länder oftmals auch mit Steuerskandalen, Geldwäsche oder Anlagebetrug in Verbindung gebracht werden. 

Briefkastenfirma in Deutschland – was ist zulässig?

Als Unternehmer hast Du jederzeit die Möglichkeit, Deinen Wohnsitz in das Ausland zu verlegen und dort Deine Firma zu betreiben. Genauso kannst Du aber auch von Deinem Wohnsitz im Ausland aus tätig werden und eine Briefkastenfirma in Deutschland gründen. 

Briefkastenfirma gründen in Deutschland erlaubt?

Grundsätzlich ist eine Briefkastenfirma in Deutschland erlaubt. Das hat den Grund, dass der Gesetzgeber nicht in jedem Falle davon ausgehen kann, dass jede Briefkastenfirma in Deutschland lediglich mit der Absicht gegründet wird, um Steuern zu hinterziehen. 

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags ist in einer den möglichen legalen Gründen für die Eröffnung von Briefkastenfirmen nachgegangen. Dabei stellte er die Frage in das Zentrum seiner Untersuchungen, welche legalen Zwecke mit der Einrichtung von solchen Firmen verfolgt werden. Dabei führt die Dokumentation anhand von Fachbeiträgen aus, mit welchen legalen Absichten Unternehmen aus Deutschland im Ausland Briefkastenfirmen eröffnen. Die legalen Beweggründe können im Gegenzug genauso dazu führen, dass Unternehmen aus dem Ausland eine Briefkastenfirma in Deutschland gründen. 

Briefkastenfirma legal in Deutschland

Die Dokumentation des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags trägt die Argumente für die legalen Absichten zur Gründung von Briefkastenfirmen zusammen. Demnach können die folgenden Gründe auch ausländische Unternehmer dazu bewegen, eine Briefkastenfirma in Deutschland zu gründen:

  • Schutz von Geschäftsgeheimnissen
    Unternehmen, die Transaktionen oder sonstige geschäftliche Aktivitäten planen und vermeiden möchten, dass die Konkurrenz davon erfährt, können Briefkastenfirmen gründen, um ihre Aktivitäten zu verdecken und nur firmenintern auszuführen.
  • Legale Steueroptimierung
    Nicht jede Maßnahme zur Steuersenkung ist automatisch illegal. So können Unternehmen günstige steuerliche Regelungen in einem anderen Land nutzen, solange legale Steuerlücken betroffen sind. So kann unter bestimmten Voraussetzungen und Konstellationen das Vermögen oder Einkommen ordnungsgemäß deklariert und durch die Nutzung von gesetzlichen Lücken dennoch am günstigeren Ort versteuert werden.
  • Schutz der eigenen Person
    Wer über viel Vermögen verfügt, der hat ein berechtigtes Interesse daran, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse in der Öffentlichkeit oder im näheren Umfeld am Wohnort nicht bekannt sind. Um die Privatsphäre zu schützen, kann eine Briefkastenfirma in Deutschland die Möglichkeit bieten, zumindest Teile des Vermögens vor der Öffentlichkeit zu verbergen.
  • Schutz und Sicherung des eigenen Vermögens
    Eine Briefkastenfirma in Deutschland kann das Vermögen eines Unternehmers aus dem Ausland, das weltweit verstreut angelegt ist, zusammen führen. Auf diese Weise kann das Vermögen neu gesteuert werden. Dabei können zum Beispiel Interessen, wie die Regelung von Nachlässen unter Ausschluss der Öffentlichkeit gewahrt werden.
  • Begrenzung von Risiken
    Eine Briefkastenfirma in Deutschland kann auch Haftungsrisiken begrenzen. Wenn zum Beispiel Ansprüche Dritter an eine Firma in den USA bestehen, die sich jedoch nicht auf das Privatvermögen eines Unternehmers erstrecken, kann eine Briefkastenfirma in Deutschland hilfreich sein. Da das Haftungsrecht in den USA sehr weitreichend ist, kann die Firma in Deutschland zum Beispiel Teile des Vermögens als Zwischenlagerung verwalten. 
  • Vertraulichkeit
    Zur Ermöglichung legaler Geschäfte kann eine Briefkastenfirma den Sitz eines Unternehmens, den Inhaber eines Vermögens oder einen Unternehmer verbergen. Dies ist oftmals erforderlich, um den Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten, während legale geschäftliche Aktivitäten vorgenommen werden, die der Öffentlichkeit jedoch nicht zugänglich sein sollen. 
  • Kleine Firmen und Briefkastenfirma
    Auch kleine Unternehmen nutzen Briefkastenfirmen, um einen ersten Zugang zum dort ansässigen Markt zu erlangen. Dank der Firmenart muss zum Beispiel nicht gleich eine ganze Abteilung mit Mitarbeitern vor Ort besetzt werden, um erste Kontakte oder beginnende geschäftliche Aktivitäten aufzunehmen. Zudem wird durch die Briefkastenfirma ein weiteres Unternehmen gegründet, das das Haftungsrisiko der Auslandsaktivitäten trägt und somit für das Unternehmen insgesamt begrenzt. 

Briefkastenfirma im Visier – Gesetzentwurf gegen Steuerbetrug

Nach Bekanntwerden der Vorfälle im Rahmen der Panama Papers wurde die Bundesregierung im Jahr 2017 aktiv und legte einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Steuerumgehung vor. Dieser soll vorhandene Gesetzeslücken schließen und Regelungen zur Briefkastenfirma gestalten. Dabei soll das neue Gesetz die Möglichkeiten von Steuerpflichtigen in Deutschland beschränken, durch eine Briefkastenfirma im steuerlich günstigen Ausland Steuern zu umgehen. Um die Steuerumgehung zu unterbinden, sollen Steuerpflichtigen mehr Mitwirkungspflichten auferlegt, Banken zur Anzeige verpflichtet und der Finanzverwaltung mehr Befugnisse zur Ermittlung eröffnet werden. Der Gesetzentwurf zielt im Kern darauf, die Geschäftsbeziehungen von Steuerpflichtigen in Deutschland zu Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union offen zu legen. Der Gesetzesentwurf sieht dabei vor, dass Steuerpflichtige in Deutschland ihre Geschäftsbeziehungen zu Gesellschaften außerhalb der EU in Zukunft anzeigen müssen. 

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