11. Jun 2019 | Unternehmenssteuerung
Eine vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlichte Studie zeigt, dass die Qualität der Arbeit darunter leidet, wenn Unternehmen Leistungsvergleiche ihrer Mitarbeiter veröffentlichen. Auch die Kür vom Mitarbeiter des Monats bietet keine Leistungsanreize für dessen Kollegen.
Frau Maier hat mehr verkauft als Herr Müller und Frau Schulze hat diesen Monat weniger umgesetzt als Herr Schmidt. Die Zahlen stehen schwarz auf weiß im Firmen-Intranet. Dahinter steckt das Ziel der Fimenleitung, dass sich die Vertriebsmitarbeiter, die schlechter abschneiden, nun motiviert fühlen sollen, sich mehr anzustrengen. Entgegen der Absicht, die die Firmenleitung mit ihrem Vergleich verfolgt, wirkt die vermittelte Botschaft und die Veröffentlichung des Leistungsvergleichs für alle Beteiligten jedoch äußerst demotivierend. Denn die gelobten Spitzenreiter verzichten in der Folge auf weitere Anstrengung, während die schlecht abschneidenden Kollegen gedemütigt sind. Zudem können sich Kollegen auf hinteren Rängen entmutigt fühlen.
Oftmals setzen Manager im Vertrieb oder in der Akkordarbeit auf Leistungsanreize für Mitarbeiter durch die Veröffentlichung von Rankings, die sich auch auf die Höhe des Lohns auswirken sollen. In der Praxis hat sich erwiesen, dass nur Mitarbeiter, die für sich eine Chance zur Lohnverbesserung sehen, eine Motivation erfahren, um mehr Anstrengung zu erbringen. Doch nicht für alle lohnt sich der vermehrte Einsatz. Viele Mitarbeiter können sich durch den gekoppelten Leistungsanreiz sogar überfordert und daher entmutigt fühlen. Daher eignen sich Rankings auch dann nicht als Instrument zur Mitarbeitermotivation, wenn sie an Lohnvorteile gekoppelt sind.
Mit Hilfe eines Experiments haben Forscher der Universitäten Lyon (Frankreich), Aarhus (Dänemark) und East Anglia (Großbritannien) untersucht, wie sich ein veröffentlichtes Ranking auf die Motivation der beteiligten Mitarbeiter auswirkt. In fiktive Abteilungen von jeweils zwei Personen eingeteilt ließen die Forscher ihre Probanden Rechenaufgaben lösen. Erfolgreich gelöste Rechenaufgaben sollten mit einer Belohnung einher gehen. Die Entlohnung bestand in zwei Varianten. Entweder erhielten beide pro richtig gelöster Aufgabe eine Bezahlung oder der erfolgreichere Proband erhielt alleine eine Bezahlung, während der andere leer ausging. Während des Experiments erhielten die Teilnehmer laufend Rückmeldungen über ihren eigenen Punktestand. Nur ein Teil der Teilnehmer erhielt zusätzlich auch Informationen über den Punktestand ihres unmittelbaren Konkurrenten.
Das Experiment zeigte im Ergebnis, dass durch einen Vergleich der Leistung von Mitarbeitern untereinander keine Leistungsanreize entstehen. Vielmehr offenbarte die Studien, dass gerade Leistungsschwächere zu größerer Fehleranfälligkeit neigen, da sie durch laufende Vergleichsdaten des Mitstreiters in Stress geraten und an Unsicherheit zunehmen. Eine zusätzliche Motivation durch den Vergleich konnte die Studie innerhalb des Experiments nur selten feststellen. Aus Sicht der Wissenschaftler zeigte sich, dass nur wenige Personen durch einen unmittelbaren Leistungsvergleich motiviert werden, sich mehr anzustrengen. Vielmehr werden viele Personen durch die Information, dass ihre Leistung im Vergleich zu Mitstreitern schlechter abschneidet, entmutigt und abgeschreckt. In der Summe sinkt die Produktivität der gesamten Belegschaft, wenn Leistungsrankings veröffentlicht werden. Daher sind Rankings als Leistungsanreize nicht geeignet.
Der vollständige Text der Studie findet sich auf der Website des IZA.
Nachdem die Studie des IZA zeigte, dass Vergleiche von Mitarbeitern innerhalb eines Unternehmens keine wirkungsvollen Leistungsanreize setzen, erhebt sich die Frage, welche Maßnahmen Unternehmen ergreifen können, um die Leistung ihrer Mitarbeiter zu unterstützen und zu heben. Die Personalberatungsgesellschaft von Rundstedt untersuchte in einer repräsentativen Umfrage mit dem Titel „Talents & Trends“ vor mehreren Jahren, welche Leistungsanreize für Arbeitnehmer in Deutschland attraktiv sind und zu mehr Einsatz motivieren.
Die Umfrage zeigt, dass nicht nur materielle Leistungsanreize für Arbeitnehmer in Deutschland attraktiv sind. Auch Eigenverantwortung, der Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit sowie Flexibilität gehören zu wichtigen Faktoren, die die Attraktivität einer Arbeitsstelle erhöhen. Dabei zeigen Männer andere Vorlieben als Frauen.
Die finanzielle Besserstellung durch Boni oder leistungsbezogene Sonderzulagen stellt den Spitzenreiter unter den motivierenden Leistungsanreizen für deutsche Arbeitnehmer. Genau ein Viertel aller Befragten nannten eine leistungsbezogene finanzielle Sonderzulage als motivierend für eine Verbesserung der eigenen Leistung. Wer demnach für besonders hohen Einsatz oder für eine herausragende Leistung einen finanziellen Aufschlag auf den regulären Lohn erhält, der ist besonders motiviert, sich einzubringen und anzustrengen.
19 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen eine flexible und eigenverantwortliche Planung in ihrer Arbeit besonders wichtig ist. Die Eigenverantwortlichkeit in der Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsort gilt als besonders hoher Anreiz, um sich durch gute Leistung auszuzeichnen. Demnach gilt das Home Office, die freie Arbeitsplatzgestaltung, die Flexibilität in der Zeiteinteilung und die freie Wahl des Arbeitsortes als Privileg, für das Arbeitnehmer gerne bereit sind, sich besonders einzusetzen.
Für 12 Prozent der Befragten ist eine Beteiligung am Unternehmen ein besonderer Motor für ihre Leistungsbereitschaft. Denn eine Unternehmensbeteiligung versetzt den Angestellten in eine eigenverantwortliche Position. Wer sich einem Betrieb unmittelbar durch Anteile anschließen kann, der identifiziert sich nicht nur besser mit der Firma. Als Teilhaber an einem Unternehmen nimmt der Mitarbeiter eine andere Perspektive ein, die seine Einstellung zu seiner Arbeit grundlegend verändert. Denn seine Leistung hat dann einen unmittelbaren Einfluss auf den eigenen Betrieb und somit auch auf eine zukünftige Rendite.
Zusätzliche freie Tage gelten für 12 Prozent der Befragten als besonders attraktiv. Für die Ausdehnung der Urlaubszeit sind viele Arbeitnehmer bereit, sich während der Arbeitszeit noch mehr zu engagieren. Denn die zusätzliche Urlaubszeit verspricht eine Verbesserung in der Freizeitgestaltung, die allen Teilnehmern der Umfrage sehr wichtig ist.
Wer sich seine Projekte und Arbeiten selbst aussuchen kann, der übernimmt für seine Wahl automatisch Verantwortung. Und diese schlägt sich in einer verbesserten Motivation nieder. So denken rund 9 Prozent der Befragten. Ihnen ist es besonders wichtig, sich dort einzubringen, wofür sie sich entscheiden können, weil sie zum Beispiel am betreffenden Thema ein besonderes Interesse haben.
Das Statussymbol Dienstwagen ist für 7 Prozent der Befragten ein Objekt, das die Motivation für die Arbeit befördert. Die Nutzung des Dienstwagens ist nicht nur ein materieller Bonus für gute Mitarbeit. Wer mit dem Dienstwagen auch private Fahrten unternehmen kann, der fühlt sich enger mit dem Unternehmen verbunden und identifiziert sich eher mit seinem Betrieb. Mit dem Einsatz eines Dienstwagens geht daher eine verbesserte Motivation für die Arbeit einher.
Das Sabbatjahr ist inzwischen sehr weit verbreitet und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Mit ihm sympathisieren rund 5 Prozent der Befragten. Die Auszeit von einem Jahr ist für viele Arbeitnehmer so attraktiv, dass sie gerne bereit sind, dafür mehr an Arbeitsleistung zu erbringen. Denn die Aussicht auf den sehr langen zusammenhängenden Urlaub, der finanziell gut abgesichert ist, verspricht den Mehreinsatz an Leistung, Arbeitszeit oder Engagement ausreichend zu ersetzen.
Die Möglichkeit, innerhalb des Betriebs oder im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Fortbildungen, Weiterbildungen oder Seminare zu besuchen, halten gut 4 Prozent der Befragten für einen Leistungsanreiz. Denn Fort- und Weiterbildungen oder berufsbegleitende Seminare bringen nicht nur neue Perspektiven für den Berufsweg mit sich. Wer seine Bildung verbessert, hat auch mehr Chancen auf einen Aufstieg innerhalb des Unternehmens, der zumeist mit einer höheren Vergütung einhergeht.
Für sich alleine arbeiten und den Arbeitsplatz unabhängig von den Kollegen gestalten zu können, ist für weitere knapp 4 Prozent der Befragten leistungsmotivierend. Der eigene Büroraum gilt demnach für viele Arbeitnehmer als attraktives Merkmal in der Arbeit, das eine verbesserte Leistung mit sich bringt. Im eigenen Büroraum ist man nicht nur vor Ablenkung sicher. Auch die freie Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und das Gefühl von Eigenverantwortung stärkt die Motivation für den Arbeitseinsatz.
Unternehmen, die ihren Mitarbeitern ein eigenes Smartphone, ein Laptop oder ein Tablet für den Job überlassen, finden 3 Prozent an Zustimmung durch die Befragten. Die technischen Geräte gehören mittlerweile zur Grundausstattung jedes Arbeitnehmers. Stellt die Firma die Geräte bereit, dann bindet sie ihre Mitarbeiter an das Unternehmen. Drei Prozent der Umfrageteilnehmer erachten die bereitgestellte technische Ausrüstung als motivierend für die Zusammenarbeit.
Die Umfrage ergab, dass Männer auf andere Leistungsanreize reagieren als Frauen. Beide haben unterschiedliche Vorlieben und legen auf andere Anreize wert. So zeigen Männer insbesondere Interesse daran, sich an einem Unternehmen zu beteiligen. Die Unternehmensbeteiligung ist für 15 Prozent der Männer, aber nur für 8 Prozent der Frauen attraktiv. Dahingegen ist die eigenverantwortliche Arbeitsplanung besonders für Frauen wichtig. 32 Prozent der weiblichen Befragten nannten die Eigenverantwortung in der Planung ihrer Arbeit als Anreiz für mehr Leistung. Die Planungsfreiheit ist hingegen nur für 15 Prozent der Männer wichtig. Darin zeigt sich, dass die Interessen von Männern und Frauen in der Arbeitswelt grundlegend verschieden angelegt sind und dass sie auf sehr unterschiedliche Leistungsanreize reagieren.
Unternehmen sollten nicht nur daran interessiert sein, von ihren Mitarbeitern die optimale Leistung zu erhalten. Auch der Verbleib von guten Mitarbeitern im Betrieb stellt eine wichtige Komponente in der Personalplanung und in der Arbeitsgestaltung. Daher ist es für Unternehmen sehr wichtig, für ihre Mitarbeiter die passenden Leistungsanreize zu setzen, um eine wirkungsvolle und langfristige Zusammenarbeit zu gewährleisten. Dabei gilt es, auf individuelle Vorlieben von Mitarbeitern zu achten. Denn Leistungsanreize für Mitarbeiter, die nicht angenommen werden, verfehlen ihre Wirkung und frustrieren beide Seiten.
Unternehmen sollten daher ihre Leistungsanreize nach ihren Mitarbeitern möglichst individuell ausrichten und bedenken, dass junge Mitarbeiter auf andere Anreize reagieren als langjährige Betriebsangehörige oder ältere Mitarbeiter. Auch Männer und Frauen benötigen unterschiedliche Motivationen, um für ihre Leistung motiviert zu sein. Zudem gilt es die private und familiäre Situation zu berücksichtigen, um zum Beispiel auf die Familienplanung oder die Pflege von Angehörigen einzugehen. Unternehmen, die den Kontakt zu ihren Mitarbeitern pflegen, können individuelle Leistungsanreize setzen, die für beide Seiten einen zufrieden stellenden Gewinn erbringen.