12. Sep 2018 | Buchhaltung
Die Globalisierung führt immer häufiger dazu, dass Dienstleistungen über die bundesdeutschen Grenzen hinaus auch grenzüberschreitend im Ausland erbracht werden. Da stellt sich für Dich zwangsläufig die Frage nach den steuer- und abgabenrechtlichen Besonderheiten, insbesondere im Zusammenhang mit der in der Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuer für die erbrachten Leistungen eines im Ausland ansässigen Auftraggebers.
Also wie verhält sich das Ganze mit der Mehrwertsteuer für Rechnungen ins Ausland?
Bei der korrekten umsatzsteuerlichen Behandlung in einer Rechnung von im Ausland erbrachten Leistungen spielen zwei Faktoren für die Höhe der Mehrwertsteuer eine tragende Rolle. Entscheidend für die in der Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer ist, in welchem Land die von Dir erbrachte Leistung umsatzsteuerlich erfasst wird und in welcher Weise Du die Mehrwertsteuer in der Rechnung ausweisen musst. Bis Ende 2009 war die Rechtslage hinsichtlich der Mehrwertsteuer für im Ausland ansässige Auftraggeber sehr komplex und von Ausnahmeregelungen gekennzeichnet. Seit dem 1. Januar 2010 gilt die Grundregel, dass Leistungen dort steuerbar sind, wo der Empfänger der Leistung, also Dein Auftraggeber, seinen Sitz hat.
Das bedeutet, dass Du als in Deutschland ansässiger Dienstleister, der für ein im Ausland ansässiges Unternehmen einen Auftrag durchführt, der Umsatzbesteuerung im Ausland unterliegst. Diese Grundregel, dass in der Rechnung die im Ausland geltende Mehrwertsteuer zugrunde gelegt wird, gilt auch dann, wenn Du die Leistung nicht überwiegend vor Ort im Ausland erbracht, sondern beispielsweise in Deinem Büro in Deutschland ausgeführt hast. Dementsprechend müsste auf der von Dir ausgestellten Rechnung nicht die deutsche Mehrwertsteuer ausgewiesen werden. Stattdessen müsste
sich die in der Rechnung aufgeführte Mehrwertsteuer an den Bestimmungen des jeweiligen Landes orientieren. Das würde wiederum voraussetzen, dass Du Dich im Ausland registrieren lässt, was eine zeitaufwändige und vor allem umständliche Angelegenheit wäre.
Aufgrund der seit 2010 geltenden neuen und vereinfachten Regeln ist die Registrierung im Ausland jedoch entbehrlich, wobei zwischen der Europäischen Union und Drittländern differenziert wird.
Für die Behandlung der Mehrwertsteuer im europäischen Ausland gilt auf der Basis der europäischen Mehrwertsteuersystem-Richtlinie das sogenannte Reverse-Charge Verfahren, sofern sie der Grundregel unterliegt. In der Praxis bedeutet das, dass Du als Empfänger der Leistung auf der Grundlage des Steuersatzes Deines Landes die Steuer selbst berechnest. Diesen Betrag deklarierst Du gegenüber dem für Dich zuständigen Finanzamt und ziehst ihn als Vorsteuer ab. Damit entfällt eine Registrierung als deutscher Dienstleister im Ausland, was gleichermaßen für den Ausweis der ausländischen Mehrwertsteuer in der Rechnung gilt.
Die Rechnung eines Lieferanten oder Dienstleisters, der an einen Kunden innerhalb der Europäischen Union seine Waren liefert oder Leistungen erbringt, richtet sich danach, welche Rechtsform der Empfänger hat. Die Kriterien der Unterscheidung sind abhängig davon, ob Du eine Lieferung oder Leistung
erbringst.
Wenn Du als Lieferant oder Dienstleister an eine Privatperson im EU Ausland eine Rechnung stellst, dann gilt Dein Betriebssitz als Leistungsort. In der Folge bist Du unabhängig vom Sitz Deines Kunden in Deutschland umsatzsteuerpflichtig. Demnach weist Deine Rechnung Deinen normalen in Deutschland gültigen Umsatzsteuersatz aus – entweder den Regelsteuersatz in Höhe von 19% oder den ermäßigten Steuersatz in Höhe von 7%. Sonderregelungen gelten lediglich, wenn Du eine Lieferschwelle erreichst, weil Du regelmäßig Waren oder Leistungen in ein anderes Land der Europäischen Union verbringst.
Sofern Du Deine Lieferung und Leistung an einen anderen Unternehmer im Europäischen Ausland erbringst, dann gilt der Ort der Lieferung als Leistungsort. Das hat zur Folge, dass am Ort des Empfängers im Europäischen Ausland die Mehrwertsteuer fällig wird. Da es für Dich als deutschen Unternehmer zu viel Aufwand verursachen würde, die Mehrwertsteuer außerhalb von Deutschland zu deklarieren, wurde das Reverse-Charge Verfahren eingeführt. Im Rahmen des Verfahrens weist Du auf Deiner Rechnung an Deinen gewerblichen Kunden innerhalb der EU keine Mehrwertsteuer aus. Dein Kunde muss sich vielmehr darum kümmern, die anfallende Mehrwertsteuer für Deine Lieferung oder Leistung gegenüber seiner ansässigen Finanzbehörde zu melden und abzuführen.
Wenn Du als Kleinunternehmer von der Pflicht, von Deinen Kunden Umsatzsteuer zu erheben, befreit bist, dann weist Du in keinem Fall auf Deiner Rechnung Mehrwertsteuer aus. Das gilt auch für Rechnungen, die Du ins EU Ausland stellst. Unabhängig davon, ob Dein Kunde eine Privatperson ist, oder ob Du Deine Leistungen an ein gewerbliches Unternehmen verbringst, erhebst Du grundsätzlich von Deinen Kunden keine Mehrwertsteuer.
Sitzt Du als Leistungsempfänger in einem Drittland, gestaltet sich die Beurteilung der Mehrwertsteuer in einer Rechnung schwieriger, da eine einheitliche, für alle Drittländer geltende Rechtsgrundlage fehlt. In einigen Ländern wird die in der Europäischen Union gängige Reverse-Charge Regelung ebenfalls angewandt, beispielsweise in der Schweiz. Anderes gilt für Drittländer, in denen Dein Umsatz als deutscher Dienstleister nicht erfasst wird, nämlich dann, wenn er nach dem Steuerrecht des jeweiligen Staates überhaupt kein Steuergegenstand ist oder eine vergleichbare Besteuerung überhaupt nicht besteht, wofür die Vereinigten Arabischen Emirate beispielhaft sind. Rechtssicherheit für die Behandlung der Mehrwertsteuer in einer Rechnung für Drittländer bringt letztendlich nur eine konkrete Länderinformation. Ein möglicher Ansprechpartner für Dich sind die deutschen Auslandshandelskammern im jeweiligen Drittland.
Für Deine Rechnungen in Drittländer gilt es ebenso, die Rechtsform Deines Unternehmens sowie Deiner Kunden zu beachten. Genauso wie bei einer Lieferung oder Leistung innerhalb der EU unterscheidest Du danach, wer Dein Geschäftspartner ist und ob Du grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig bist:
Genauso wie bei Lieferungen innerhalb der EU gilt für eine Leistung an eine Privatperson in einem Drittland, dass Du in Deutschland umsatzsteuerpflichtig bist. Du weist auf Deiner Rechnung ins Ausland also die in Deutschland gültige Mehrwertsteuer aus.
Lieferst Du an gewerbliche Kunden, dann weist Du keine Mehrwertsteuer für Rechnungen ins Ausland außerhalb der Europäischen Union aus. Für Deine Ware oder Leistung brauchst Du dahingegen einen Ausfuhrnachweis vom Zoll. Viele Drittstaaten haben sich dem Reverse-Charge Verfahren angeschlossen, wonach Dein gewerblicher Kunde vor Ort die Mehrwertsteuer an sein ansässiges Finanzamt abführt. Einige Drittstaaten jedoch erheben auf eine Lieferung oder Leistung aus dem Ausland eigene Steuern. In jedem Fall ist es erforderlich, dass Du Dich im Vorfeld genau informierst, ob und welche Steuern und Zollabgaben für eine Leistung in ein Drittland auf Dich zu kommen.
Als Kleinunternehmer führst Du keine Mehrwertsteuer für Rechnungen ins Ausland außerhalb der EU an.
von Julia Dombrowski und Christine Olbrich.