04. Juni 2019 | Unternehmenssteuerung
Im Berufsalltag gehört Kritik ganz selbstverständlich dazu. Denn Probleme müssen angesprochen, falsche Einschätzungen verbessert und Fehler korrigiert werden. Kritik ist notwendig, damit Arbeitsabläufe besser funktionieren und Prozesse laufend fachlich weiter entwickelt werden. Auch für die persönliche Entwicklung ist Kritik wichtig. Denn sie motiviert uns, die Qualität unserer Arbeit oder die Konzentration unseres Einsatzes zu verbessern. Doch Kritik kann auch negative Auswirkungen zeigen, wenn sie falsch eingesetzt wird. Daher ist es wichtig, richtig kritisieren zu lernen.
Die Überprüfung und Beurteilung einer Handlung, eines Gegenstandes oder einer Eigenschaft wird als Kritik bezeichnet. Ursprünglich kommt der Begriff aus dem Griechischen, wo er die Bedeutung „scheiden“ und „trennen“ hat. Damit wird deutlich, welche Funktion Kritik einnimmt. Sie trennt einzelne Kriterien innerhalb eines Zusammenhangs voneinander, um diese jeweils unabhängig voneinander zu untersuchen und zu bewerten. Die Eigenschaft, einen Gegenstand eigenständig zu bewerten, geht auf das aktive Denken des Menschen zurück. Die Kritik ist jedoch nicht nur ein Teil unseres Denkens. Sie zählt vielmehr zu den wichtigsten Fähigkeiten und Zuständigkeiten des Menschen und ist zwingend notwendig, um sich ein eigenes unabhängiges Urteil zu bilden.
Die Kritik befähigt den Menschen, unabhängig von der Einflussnahme anderer Meinungen auf Basis eigener Anstrengungen und Überlegungen zu einer eigenständigen Überzeugung zu gelangen. Solange Menschen eigenständig denken, werden sie auch Kritik üben. Andersherum ausgedrückt, werden Menschen, solange sie auch in der Lage, willens und fähig sind, Kritik zu üben, nicht verführt werden können, allgemein gültige Meinungen ungeprüft zu übernehmen. Die „Erziehung zu einem kritischen Geist“ gilt nicht umsonst als Ideal für die Bildung.
Da die Kritik eine zunächst neutrale prüfende Beurteilung vornimmt, die sie danach als Urteil in Form von Formulierungen offen legt und übermittelt, stößt sie auf Widerstand. Denn die Kritik fällt ihr Urteil nicht immer im Sinne ihrer Umgebung. So wohnt der Kritik inne, dass sie beurteilte Gegenstände, Eigenschaften, Meinungen oder Leistungen auch in Frage stellt, Mängel aufdeckt und das Ergebnis beanstandet. Die Kritik stellt demnach Eigenschaften und Leistungen anderer Menschen in Frage und schmälert damit die Anerkennung des ursprünglichen Schöpfers. Aus diesem Grund müssen Personen, die Kritik äußern, grundsätzlich darauf achten, wie sie ihre Beanstandung übermitteln. Andererseits ist es ein deutliches Zeichen fehlender Reife in der Persönlichkeit, wo Kritik nicht zugelassen wird.
Soll eine Kritik erfolgreich sein und zu einer Verbesserung der beurteilten Sache dienen, dann muss sie den Anderen motivieren, anstatt ihn zu beschädigen. Gerade hierin liegt die Kunst des Kritisierens. Doch auch auf der anderen Seite ist besondere soziale Kompetenz gefragt. Denn auch der Kritisierte muss lernen, die erfahrene Kritik zu nutzen. In der Folge müssen beide Seiten lernen, richtig kritisieren zu können und Kritik effektiv zu nutzen. Da Kritik immer die Persönlichkeit eines Urhebers trifft, gehört zu einem erfolgreichen Umgang mit Urteilen und Beanstandungen nicht nur eine gute Vorbereitung. Auch die Fähigkeit, Kritik von der eigenen Person zu trennen gehört zu den sozialen Kompetenzen, die uns „kritikfähig“ machen.
Zu den Prinzipien konstruktiven Feedbacks gehören ein gutes Einfühlungsvermögen, Taktgefühl und Sachkompetenz. Ein wichtiges Kriterium für das konstruktive Feedback ist die Achtung vor der Persönlichkeit des Anderen.
Kritik sollte nicht das Selbstwertgefühl des Gegenübers angreifen. Denn Kritik bringt das Selbstbild des Kritisierten unmittelbar in ein Ungleichgewicht, da er damit konfrontiert wird, dass dieses mit dem Fremdbild eines anderen nicht übereinstimmt. Jetzt muss er selbst bewerten, ob sein Selbstbild oder das Fremdbild stimmig ist. Für den Kritisierten bedeutet diese Situation eine große Herausforderung, da er gegebenenfalls sein Selbstbild dem Fremdbild beugen muss. Daher sollte der Kritiker die Herausforderung nicht erschweren und ihn überfordern, indem er darüber hinaus das Selbstwertgefühl des Kritisierten beschädigt.
Bevor Du einen Anderen für seine Arbeit, Leistung, Eigenschaften oder sein Verhalten kritisierst, solltest Du immer versuchen, in Deiner Vorstellung seine Position einzunehmen. Wenn Du Dich in ihn hineinversetzt, dann kannst Du nicht nur Verständnis für seine Fehlleistung aufbringen. Du findest auch leichter einen Weg, ihm diese zu vermitteln. Nach der Übermittlung Deiner Kritik kannst Du ihn auch fragen, ob er Deine Kritik, wie Du sie vorgetragen hast, gut akzeptieren kann. Dadurch vermittelst Du ihm nicht nur, dass Du selbst kritikfähig bist. Du eröffnest ihm auch die Möglichkeit, dass auch er an Dir Kritik üben darf. Dadurch kann er leichter erkennen, dass es Dir nicht um die Herabsetzung seiner Person geht, sondern um die angesprochene Sache.
Wer Kritik übt, der sollte sich vorher genau selbst überprüfen. Dabei gilt es zu klären, ob die Kritik berechtigt und angebracht ist. Wenn die Kritik nicht zu einem Ergebnis führen kann, dann mag sie zwar berechtigt sein. Sie ist dann jedoch nicht unbedingt sinnvoll und daher unangebracht. Bevor eine Kritik ausgesprochen wird, sollte zunächst ein Gespräch mit dem Kritisierten gesucht werden, das das Problem im gegebenen Fall auch anders lösen kann.
Da Kritik das Selbstwertgefühl des Anderen schnell angreifen kann, sollte sie sehr sachlich vorgetragen werden. Die konkrete Benennung des Kritikpunkts trägt erheblich zur Sachlichkeit bei. Allgemeine Formulierungen wie „ständig“, „immer“ oder „nie“ sollten in der Übermittlung von Kritik nicht vorkommen. Denn diese Formulierungen sind unkonkret und schwammig und sie hinterlassen den Kritisierten mit einem unlösbaren Vorwurf.
Wenn missliche Umstände anzusprechen sind, dann sollte das sofort geschehen, nachdem diese erkannt wurden. So vermeidest Du, dass sich Unmut und Aggression anstaut. Viele kleine Fehler, die nie angesprochen werden, können zu einem Stau an Emotionen führen, die sich am Ende in einer Abrechnung niederschlagen. Ein Rundumschlag am Ende einer langen Kette von einzelnen Vorfällen ist jedoch zumeist recht destruktiv. Denn er überfordert den Anderen, der keine andere Wahl hat, als sich gegen das negative Urteil zur Wehr zu setzen. Wer seine Kritik zeitnah anbringt, der ist eher in der Lage, sie auch sachlich zu übermitteln.
Deine Kritik an einer Person solltest Du nie innerhalb einer Gruppe vorbringen. Suche vielmehr das Gespräch unter vier Augen. Wenn Du zudem für eine positive Atmosphäre während des Gesprächs sorgen kannst, dann erleichterst Du Deinem Gegenüber, Deine Kritik anzunehmen und konstruktiv damit umzugehen. Kritisierst Du einen Kollegen hingegen in Gegenwart anderer oder vor seinem Team, dann stellst Du ihn bloß. Das ist nicht nur äußerst taktlos. Es erschwert dem Kritisierten auch den konstruktiven Umgang mit Deiner Kritik.
Nachdem Du Deine Kritik geäußert hast, solltest Du mit dem Betroffenen besprechen, wie er den Fehler in Zukunft vermeiden kann. Dabei kannst Du mit ihm zusammen Maßnahmen und Ziele entwickeln, um ihm zu vermitteln, dass Du ihm seine Fähigkeiten nicht grundsätzlich absprichst, sondern weiterhin Vertrauen in die Qualität seiner Mitarbeit setzt. Wenn Du den Anderen in die Lösung mit einbeziehst, dann sprichst Du ihm Dein Vertrauen aus, obwohl Du ihn eben gerade kritisiert hast. Dieses Verhalten erleichtert es dem Kritisierten erheblich, die Kritik anzunehmen.
Wenn Du einen Mitarbeiter kritisierst, dann solltest Du immer die Ich-Form verwenden. Beziehe die Probleme auf Deine Person und erschwere sie nicht dadurch, dass Du andere Personen, die nicht anwesend sind, als Urheber Deiner Kritik benennst. Hinter Deiner Kritik solltest Du selbst stehen. Hat Dich ein Mitarbeiter auf den Kritikpunkt aufmerksam gemacht, dann musst Du diesen untersuchen, bevor Du die Kritik an den Anderen heranträgst. Stimmst Du der Kritik nach einer Überprüfung zu, dann hast Du Dich ausreichend überzeugt, um selbst dahinter zu stehen. Erst dann solltest Du die Kritik an einen anderen herantragen.
Dem anderen fällt es erheblich leichter, Deine Kritik anzunehmen, wenn er in Deinen Worten auch Anerkennung findet. Daher solltest Du immer einen positiven Aspekt ansprechen, der Deine Wertschätzung gegenüber der Person ausdrückt. Sätze wie „Ich schätze Ihre Leistungen sehr“ können eine Kritik wirkungsvoll einleiten, indem Du Deinen Gegenüber auf einen sicheren Untergrund stellst.
Um Deine Kritik möglichst wirkungsvoll auszugestalten, solltest Du Dir die Formulierungen bereits im Vorfeld überlegen. Die folgenden Beispiele können als Anleitung für konstruktive Kritik dienen:
Das Annehmen von Kritik fällt grundsätzlich jedem Menschen schwer. Denn wir sind laufend auf der Suche nach Anerkennung, während Kritik uns in Frage stellt. Damit wir jedoch Kritik nicht grundsätzlich zurück weisen und uns damit ins Abseits stellen, sollte der Umgang mit dieser bewusst gestaltet werden. Den Umgang mit Kritik kannst Du trainieren, wenn Du ein paar Merkmale beachtest.
Wenn Du kritisiert wirst, dann solltest du die Aussagen erst einmal annehmen und nicht sofort eine Antwort darauf geben. Danach solltest Du der Kritik nachgehen und untersuchen, ob sie berechtigt ist oder nicht. So bewertest Du auf Deiner Seite die an Dich herangetragene Kritik. Ist die Kritik nicht berechtigt, dann solltest Du sie sachlich zurückweisen. Ist sie jedoch zutreffend, dann musst Du sie annehmen und nach Lösungen suchen. Die Annahme der Kritik solltest Du auch verbal bestätigen.
Wurdest Du zum Beispiel dafür kritisiert, dass Du Deine Projekte immer zu spät abgibst, dann kannst Du die Wahrheit der Behauptung leicht überprüfen. Ist die Kritik berechtigt, dann solltest Du ihr zustimmen und Deine Fristen in Zukunft einhalten. Ist sie hingegen unberechtigt, dann solltest Du das belegen und klarstellen.
Vermeide es, eine Kritik als persönlichen Angriff zu interpretieren. Oftmals geht es dem Kritisierenden wirklich um eine neutral zu bewertende Sache und nicht darum, Dich in Deiner Persönlichkeit zu verletzen. Weist Dich zum Beispiel Dein Beifahrer auf das Umschalten der Ampel hin, auf die Du zufährst, dann liegt es in Deiner Hand, wie Du die Bemerkung interpretierst. Du kannst entweder darauf antworten, dass Du die Umschaltung selber bereits sehen kannst und damit Deinen Beifahrer zurückweisen. Oder Du bedankst Dich für die Aufmerksamkeit, mit der Dich Dein Beifahrer unterstützt. Versuche daher, Kritik immer unter dem positiven Aspekt zu betrachten, dass sie zur Verbesserung Deiner Leistung dient.
Stellst Du fest, dass die Kritik, die an Dich herangetragen wurde, berechtigt ist, dass sie jedoch nicht angemessen übermittelt wurde, dann solltest Du auch diesem Umstand nachgehen. Dabei solltest Du ausdrücken, dass Du die Kritik in der Sache annimmst, jedoch die Form der Übermittlung beanstandest. Du kannst darum bitten, in Zukunft eine professionellere Form für die Kritik zu verwenden. Für eine Richtigstellung solltest Du immer das Gespräch unter vier Augen suchen. Hat Dir zum Beispiel der Teamleiter vor versammeltem Team einen Fehler nachgewiesen, dann kannst Du ihn bitten, das in Zukunft unter vier Augen anzusprechen.
Kritik sollte weder am Arbeitsplatz noch im Privatleben zu anhaltenden Konflikten führen. Versuche daher, Unstimmigkeiten sachlich anzusprechen. Wenn der Kritikführer unprofessionell und emotional handelt, dann solltest Du Abstand nehmen, bis wieder eine sachliche Auseinandersetzung möglich ist. Hierfür darfst Du Dich an einer alten Weisheit stärken: Der Klügere gibt nach. Schreit Dich zum Beispiel ein Kollege an, weil Du immer das Fenster öffnest, obwohl vereinbart wurde, dass die Fenster bis zur ersten Pause geschlossen bleiben, dann kannst Du das Fenster schweigend schließen. Sprich ihn erst am nächsten Tag darauf an, dass er seine Anmerkung in Zukunft sachlich machen soll.
In der Übermittlung von Kritik dürfen Deine Grenzen nicht überschritten werden. Wird dennoch die Kritik auf unprofessionelle Weise, in herabsetzender oder in bloßstellender Form überbracht, dann solltest Du Deinen Gegenüber auf seine Grenzen hinweisen. Trenne dabei auch selber Deine Empfindungen von der sachlichen Ebene der Kritik. Sei immer bereit, die Kritik auf einer sachlichen Ebene zu prüfen, während Du andererseits Deine Grenzen formulierst. Zum Beispiel kannst Du einfordern, dass der Kritikführer Dich wie gehabt mit „Sie“ anspricht, wenn er Dich im Zuge seiner Kritik ausnahmsweise mit „Du“ anspricht. Auch die Kritik vor der Gruppe solltest Du ausdrücklich ausschließen. Wenn Du Deine Grenzen setzt, dann sorge auch Du dafür, dass Du das Gespräch unter vier Augen suchst.
Ob sich nach einer Kritik die Auseinandersetzung mit dem Gegenüber lohnt oder ob sie zu einer Eskalation führt, solltest Du genau abwägen, bevor Du ihr begegnest. Die Vermeidung von Eskalationen sollte dabei immer im Interesse aller Beteiligten im Zentrum stehen. Wenn es hierfür notwendig ist, dann solltest Du in einer herausfordernden Situation besser schweigen, auch wenn Du die Kritik für unberechtigt hältst oder wenn sie in einer unangemessenen Form übermittelt wurde. Verhalte Dich immer überlegt und selbstbeherrscht und gib Deinen spontanen Emotionen keinen Raum. Sorge in einer unangenehmen Kritiksituation vielmehr für einen Abstand, um danach mit Überlegung und zielgerichtet Deine Anmerkungen unter vier Augen an den Kritikführer zu kommunizieren.
Du kannst konstruktive Kritik immer als Chance für Deine Weiterentwicklung erachten. Denn sie kann nicht nur dazu führen, dass Du Deine Arbeit verbesserst. Auch lernst Du, unfaire Angriffe gegen Deine Person besser zu steuern und Dich von diesen nicht zu unerwünschtem Handeln hinreißen zu lassen. Wenn Du bei Kritik gelassen reagieren kannst und Dich in Deiner Persönlichkeit trotz eines Fehlverhaltens des Kritikführers nicht herabgesetzt fühlst, dann zeigst Du eine Überlegenheit, die Dich als Führungspersönlichkeit auszeichnet. Sorge daher dafür, dass Du bei Kritik unabhängig von ihrer Berechtigung und von der Art ihres Vortrags gelassen bleibst, um Deine Kompetenzen auf jedem Gebiet zu stärken. Wenn Du Dich als kritikfähig zeigst, dann empfiehlst Du Dich selbst als teamfähig und für eine führende Position.
Jede Form von Kritik solltest Du zunächst ruhig anhören und danach auf ihre Richtigkeit hin untersuchen. Stellst Du fest, dass die Kritik unberechtigt ist, dann solltest Du das unbedingt auch an der entsprechenden Stelle äußern und richtig stellen. Wenn Du unberechtigte Kritik zulässt, dann entsteht eine Schieflage in der Bewertung Deiner Leistung, während zudem stimmige Prozesse einer falschen Bewertung unterworfen werden. Das verschlechtert nicht nur Deine Stellung in der Firma, sondern führt auch zu einer Herabsetzung in der Qualität von Arbeitsprozessen.
Wenn Du mit unberechtigter Kritik konfrontiert wirst, dann solltest Du daher das Gespräch unter vier Augen suchen und die Angelegenheit sachlich und selbstbeherrscht klären. Das Ergebnis solltest Du an diejenigen Stellen, wo es erforderlich ist, auch übermitteln.
Beispiel: Hat Dich ein Vorgesetzter dafür kritisiert, dass Du eine Arbeit nicht entsprechend der Vorgaben ausgeführt hast, dann solltest Du die Vorgaben mit dem Ergebnis abgleichen. Versuche für beide Merkmale Belege zu erbringen. Danach solltest Du das Vieraugengespräch mit dem Betroffenen suchen und auf Basis Deiner Belege die Sache richtig stellen. Das Ergebnis solltest Du zudem einem oder mehreren anderen Vorgesetzten übermitteln, um den Sachverhalt richtig zu stellen.