20. Nov 2019 | Unternehmenssteuerung
Auf manche Stellenanzeige bewerben sich überwiegend Männer, auch wenn es ganz sicher qualifizierte Frauen in der Branche und auf dieser Qualifikationsstufe gibt. Warum? Dieser Frage sind Wissenschaftler der TU München nachgegangen und haben herausgefunden, dass die Formulierung der Stellenanzeige viel ausmacht.
Eine Firma sucht neue Fach- und Führungskräfte – qualifizierte Menschen, die gut ins Team passen, ob Mann oder Frau, das ist allen Beteiligten vollkommen egal. Doch es bewerben sich kaum oder gar keine Frauen. Zufall ist das sicher nicht, aber warum ist es so?
Ein Forscherinnenteam des Fachgebiets Forschungs- und Wissensmanagement der TU München hat herausgefunden, dass es an den Texten der Stellenausschreibungen liegen könnte. Zu männlich formuliert sei das Ganze, ist das Ergebnis ihrer Forschungsarbeit. 260 Testpersonen sollten fiktive Anzeigentexte lesen, in denen zum Beispiel Plätze in einem Qualifizierungsprogramm für angehende Führungskräfte ausgeschrieben waren. Nannte der Ausschreibungstext viele Eigenschaften wie:
fühlten sich die Frauen weniger angesprochen und äußerten weniger Interesse, sich auf so eine Stelle zu bewerben. Adjektive wie diese werden tendenziell eher Männern als Frauen zugeschrieben, daher schreckten sie ab. Von Wörtern wie:
fühlten sich die Frauen dagegen angesprochen.
Stellenanzeigen formulieren und dabei alle Geschlechter anzusprechen, könnte anspruchsvoller sein als bisher gedacht. Es reicht also nicht, konsequent die männliche und die weibliche Berufsbezeichnung zu nennen. Auch die Adjektive sollten nicht zu einseitig gewählt sein. „Es macht zwar meist keinen Sinn, alle männlich besetzten Formulierungen einfach wegzulassen“, sagt Studienleiterin Prof. Claudia Peus, „Aber ohne ein zumindest ausgewogen formuliertes Profil rauben sich Organisationen die Chance auf gute Bewerberinnen. Denn die Stereotype wirken trotz aller gesellschaftlichen Veränderungen fast unverändert weiter.“
Auf männliche Testpersonen hatte der Ausschreibungstext übrigens keinen Einfluss.
Nicht nur die fortschreitende Digitalisierung, sondern auch veränderte Ansprüche nachwachsender Generationen sowie der Fachkräftemangel erfordern von der Arbeitswelt Anpassungen. Im Kielwasser der neuen Anforderungen an Unternehmen gilt es auch die Formulierung von Stellenanzeigen stets neu zu überdenken und anzugleichen. Erreichte noch vor fünfzehn Jahren die Zeitungsanzeige mit nur wenigen Zeilen ausreichend passende Kandidaten für eine offene Stelle, müssen Recruiter heute sehr viel mehr Sorgfalt auf die Formulierung ihrer Stellenanzeige verwenden. Denn durch die Streuweite der sozialen Medien ist in Stellenanzeigen darauf zu achten, dass nicht nur möglichst viele passende Personen angesprochen, sondern zugleich unpassende Bewerber von vorne herein aussortiert werden.
Vordergründig zielt eine Stellenanzeige darauf ab, eine freie Stelle neu zu besetzen. Von der Stellenanzeige sollen ausreichend Bewerber angesprochen werden, sodass sie sich auf die Anzeige hin bewerben. Gerade für Arbeitsstellen, die eine hohe fachliche Qualifikation erfordern, benötigen Recruiter umfassende Auskünfte über den Grad der Fähigkeiten. Daher fordert eine Stellenausschreibung Fachleute dazu auf, ihre Kompetenzen in schriftlicher Form zu dokumentieren und vorzustellen. Denn für die Erstauswahl von Bewerbern dienen deren Bewerbungsunterlagen, die als Antwort auf eine spezifisch formulierte Stellenausschreibung eine optimale Bewertung ermöglichen. Die schriftliche Vorstellung des Bewerbers als Reaktion auf die Ausschreibung ermöglicht es der Personalabteilung, eine realistische Einschätzung darüber erhalten, wie gut der Bewerber auf die freie Stelle passt.
Um Stellenanzeigen zu formulieren gilt es, zunächst die Anforderungen an die Stelle festzulegen, den optimalen Adressaten zu definieren und das Medium für die Platzierung der Anzeige zu bestimmen.
Sollen junge Absolventen der Universität einerseits oder berufserfahrene Fachkräfte andererseits angesprochen werden, müssen Recruiter jeweils unterschiedlich angepasste Stellenanzeigen formulieren. Auch die Platzierung in der Tageszeitung erfordert zumeist eine andere Tonalität als die Stellenanzeige in sozialen Netzwerken. Im Intranet werden die eigenen Mitarbeiter angesprochen, während in fachspezifischen Jobbörsen externe Fachleute auf die Stellenanzeige stoßen können. Auf der eigenen Unternehmenswebsite folgt die Tonalität und Aufmachung einer Stellenanzeige hingegen der Corporate Identity und der Ausdrucksweise, die zum unternehmenseigenen öffentlichen Auftritt passt.
Gemäß des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§1 AGG) dürfen in Deutschland keine Bewerber*innen aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden. Aus diesem Grund werden Stellenanzeigen standardmäßig mit dem Kürzel „m/w/d“ genderneutral formuliert. Das „d“ steht dabei für „divers“ und soll intersexuelle Arbeitnehmer*innen schützen.
Wenn Recruiter heute eine Stellenanzeige formulieren, folgen sie zumeist einem Marketingprinzip, indem sie zunächst die Aufmerksamkeit, das Interesse und bestimmte Wünsche bei ihren Lesern wecken, um diese schließlich zu einer Handlung in Form einer Bewerbung zu bewegen. Um diese Strategie in einer Stellenanzeige zu formulieren und anzuwenden, folgen Recruiter aus der Personalabteilung einer Gliederung von sechs Punkten:
Mit der Vorstellung des Unternehmens ermöglichen Recruiter potenziellen Bewerbern einen ersten Eindruck davon, ob die Arbeitsstelle für sie attraktiv ist und ob sie persönlich dorthin passen. Die Art, wie Recruiter das Unternehmen beschreiben, wenn sie ihre Stellenanzeige formulieren, kann Auskunft geben über die Philosophie, die Unternehmensführung und das vorherrschende Arbeitsklima. Obwohl die Stellenanzeige das Unternehmen möglichst positiv vorstellt, ermöglichen Formulierung und Inhalt der Unternehmenspräsentation einen emotionalen Eindruck, der die Aufmerksamkeit des Lesers bewirken soll.
Wenn Recruiter ihre Stellenanzeige formulieren, fassen sie die Stellenbeschreibung meist in kurze, knappe Schlagwörter. Denn die Beschreibung der freien Stelle dient als Eyecatcher der Stellenanzeige und soll mit einem einzigen Blick erfasst werden können, um das Interesse des Lesers wecken. Ist das gelungen, ist er bereit, auch die umfangreicher verfassten Ausführungen der Stellenanzeige zu lesen. Die optische Heraushebung der knapp formulierten Beschreibung der Stelle ist sehr zu empfehlen, denn sie bildet das Zentrum des Textes und entscheidet darüber, ob die Anzeige ganz gelesen wird.
Die Beschreibung der speziellen Aufgabenstellung führt den Interessenten in den zukünftigen Arbeitsalltag ein, indem sie die Stellenbeschreibung vertieft. Hier erfährt er, welche Arbeiten in der neuen Stelle auf ihn warten. So können Interessenten nicht nur entscheiden, ob sie von der Aufgabenstellung angesprochen sind, sondern auch abwägen, ob sie für die Ausführung der angebotenen Stelle qualifiziert sind.
Nachdem die Stellenanzeige das Interesse von Bewerbern geweckt hat, erfahren sie, ob auch sie für das Unternehmen von Interesse sein können. Das Anforderungsprofil des Bewerbers gibt Auskunft darüber, welche Qualifikationen und Kompetenzen das Unternehmen für die Besetzung der Stelle erwartet. Zum Anforderungsprofil können bestimmte Ausbildungen und Berufserfahrungen oder fachliche Kenntnisse, wie zum Beispiel spezielle Computerprogramme gehören.
Neben den fachlichen Qualifikationen müssen die Mitarbeiter vieler Unternehmen weitere persönliche Eigenschaften mitbringen, die das Anforderungsprofil noch weiter spezifizieren. Dazu können Persönlichkeitsmerkmale gehören, wie zum Beispiel das selbstständige Arbeiten oder grammatikalisch fehlerfreie Sprache. Aber auch eine Affinität zu sozialen Medien, Kreativität und Stärken wie Kommunikationsfreude und Teamfähigkeit oder Zuverlässigkeit können in den persönlichen Anforderungen an den Bewerber Bedeutung haben.
Um ihre Stellenanzeige zu formulieren, setzen viele Recruiter auf die Darstellung besonderer Merkmale oder Angebote an die Mitarbeiter des Unternehmens. Zu den klassischen Angeboten an Bewerber gehören neben flachen Hierarchien und offenem Betriebsklima auch eine gute Verkehrsanbindung, eine attraktive Bürolage oder finanzielle Anreize, wie Betriebsrenten oder vermögenswirksame Leistungen sowie das Arbeiten im Homeoffice.
Mit der Kontaktmöglichkeit nennen Unternehmen einen ersten Ansprechpartner, der auch offene Fragen bezüglich der Bewerbung beantworten sollte. Darüber hinaus sollte die Stellenanzeige in wenigen Worten ausführen, in welcher Form die Bewerbung gehalten sein sollte, wie zum Beispiel auf dem Postweg oder per E-Mail, mit Lebenslauf und Foto, mit Abschlusszeugnissen oder Arbeitsproben. Auch sollte ein Termin für den Bewerbungsschluss angegeben sein, um die Aktualität der Stellenausschreibung zu betonen. Eine Terminsetzung verhindert zudem, dass zum Beispiel veraltete Anzeigen in Jobbörsen, die nicht rechtzeitig gelöscht wurden, zu Bewerbungen für eine schon besetzte Stelle auffordern.