15. Mai 2020 | Buchhaltung
Warum du deinen Steuerbescheid prüfen solltest? Na ja, nicht einmal das Finanzamt ist unfehlbar! Deshalb kann es hin und wieder sinnvoll sein, gegen den Steuerbescheid Einspruch zu erheben – aber das geht nur, wenn du weißt, wie ein Steuerbescheid gelesen wird und mögliche Fehler überhaupt finden könntest. Wir verraten dir, wie ein Steuerbescheid aufgebaut ist, damit du ihn künftig ohne Probleme verstehen kannst.
Ein Steuerbescheid ist immer gleich aufgebaut:
Am Beginn des Steuerbescheids gibt das Finanzamt Auskunft darüber, ob der Bescheid vorläufig oder abschließend erteilt wurde. Das Finanzamt erteilt einen vorläufigen Bescheid, wenn in bestimmten steuerrechtlichen Bereichen, die die Einkommensteuer betreffen, gerichtliche Verfahren anhängig sind, die noch nicht abgeschlossen wurden. Die Vorläufigkeit betrifft in der Regel nicht den Steuerbescheid in seiner Gesamtheit, sondern nur einige steuerrechtlich offene Bestandteile. Erfolgt zu einer steuerrechtlich offenen Position ein abschließendes Gerichtsurteil, endet die Vorläufigkeit und die Steuerfestsetzung ist abschließend gültig.
Das Finanzamt teilt dem Steuerpflichtigen durch den Steuerbescheid mit, welche Steuerschuld er zu bezahlen hat. Den Gesamtbetrag der Steuerschuld weist der Bescheid durch seine Bestandteile mit Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer im Einzelnen aus.
Falls du in Erwägung ziehst, deine Steuererklärung in die Hände eines Steuerberaters zu geben: Dann wird die Prüfung deines Steuerbescheids künftig ebenfalls zu seinen Aufgaben gehören. Automatisch geht der Steuerbescheid zu deinem Steuerberater statt an deine eigene Adresse, und der Steuerberater wird ihn auf Richtigkeit prüfen. Falls es einmal einen Grund zum Einspruch gibt, wird der Steuerberater das bemerken – dafür ist er schließlich da.
Damit der Steuerbescheid Gültigkeit hat, müssen alle formalen Anforderungen korrekt ausgeführt sein. Auch das Finanzamt kann Fehler machen.
Im zweiten Schritt gilt es, sämtliche Zahlen im Steuerbescheid nachzuprüfen. Dabei sind die Zahlen im Bescheid mit den angegebenen Zahlen in der Steuererklärung genau abzugleichen. Liegt eine Abweichung zwischen den Zahlenangaben der beiden Dokumente vor, muss überprüft werden, wie die Abweichung, die das Finanzamt vorgenommen hat, zustande gekommen ist und ob diese berechtigt ist.
Festsetzungsbetrag im Steuerbescheid prüfen
Der erste Blick auf die Zahlenangaben des Steuerbescheids gilt dem Betrag, der sich unter dem Punkt Festsetzung findet. Dort gibt das Finanzamt den Betrag der zu bezahlenden Steuerschuld oder der Erstattung an. Weicht der Betrag von dem Betrag ab, den das Steuerprogramm, mit dem die Steuererklärung erstellt wurde, ermittelt hat, muss überprüft werden, wie die Abweichung zustande kommt und ob sie gerechtfertigt ist. Auch wenn der Schuld- oder Erstattungsbetrag mit der Prognose des Steuerprogramms übereinstimmt, lohnt es sich, den Steuerbescheid weiter zu prüfen.
Steuerpflichtige können private Kosten in Form von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Aufwendungen für die Altersvorsorge sowie Vorsorgeaufwendungen steuermindernd in ihrer Steuererklärung angeben. Hierfür liegen unterschiedliche Anlagen zur Steuererklärung bereit, in die die jeweiligen Kosten einzutragen sind. Steuerpflichtige sollten kontrollieren, ob alle Angaben zu den privaten Ausgaben bei der Berechnung der Steuerschuld berücksichtigt wurden.
Wo sind die Ausgaben im Steuerbescheid zu finden?
Die Berücksichtigung der betreffenden Ausgaben können Steuerpflichtige unter dem Punkt Besteuerungsgrundlagen auf ihrem Steuerbescheid prüfen. Dort sind die Höhe der Einnahmen und die Abzugsbeträge aufgeführt, die zur Kontrolle gegenübergestellt werden können. Die Abzugsbeträge sollten sämtliche im Steuerbescheid gemachten Angaben enthalten, wie zum Beispiel zu Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, Kinderbetreuungskosten, Spenden, Unterhaltszahlungen oder absetzbaren Ausbildungskosten.
Weitere Abzüge kontrollieren
Neben der Geltendmachung von privaten Ausgaben gilt es, zu überprüfen, ob die gewährten Freibeträge und Pauschbeträge zutreffend sind, wie zum Beispiel die Beträge der Werbungskostenpauschale oder der Entferungspauschale. Auch Kinderfreibeträge sollten auf dem Steuerbescheid ebenso genau kontrolliert werden, wie der Entlastungsbetrag von Alleinerziehenden, der Ausbildungsfreibetrag, Pflege-, Behinderten- oder Hinterbliebenen-Pauschbeträge sowie Pauschalen für Übungsleiter oder Ehrenamtliche. Bezieher von Renten und Versorgungsleistungen sollten ihren Steuerbescheid daraufhin überprüfen, ob der Rentenfreibetrag korrekt angewendet wurde. Wer beruflich viel unterwegs ist, hat Anspruch auf eine Verpflegungspauschale, deren Anerkennung im Steuerbescheid zu kontrollieren ist.
Wurden nicht alle Angaben, die auf der Steuererklärung zu privaten Ausgaben gemacht wurden, im Steuerbescheid berücksichtigt gilt es, den Anlass hierfür zu untersuchen und gegebenenfalls zu reklamieren.
Am Ende des Steuerbescheids gibt das Finanzamt Erläuterungen zur Festsetzung an. Diese sollen dazu beitragen, dass die Empfänger ihren Steuerbescheid verstehen. Weicht der Steuerbescheid in der Berechnung der Steuer von den Angaben in der Steuererklärung ab, teilt das Finanzamt dem Steuerpflichtigen den Grund hierfür mit. Hier gilt es, nachzuprüfen, ob die Erläuterungen die Abweichungen ausreichend erklären und ob diese berechtigt sind. Liegen Abweichungen zwischen Steuererklärung und Steuerbescheid vor, die in den Erläuterungen zur Festsetzung nicht angesprochen werden, lohnt es sich, beim Finanzamt nach der Ursache hierfür zu fragen. Klären sich Abweichungen trotz Nachfrage beim Finanzamt nicht, kann es sich lohnen, einen Einspruch gegen den Bescheid zu erwägen.
Steuerpflichtige können innerhalb eines Monats, nachdem sie den Steuerbescheid erhalten haben, Einspruch gegen die Berechnung der Steuer erheben. Weichen die Angaben auf dem Steuerbescheid von der Steuererklärung ab und kann eine Nachfrage beim Finanzamt keine Klärung herbeiführen, kann ein Einspruch berechtigt sein. In strittigen oder komplexen Fällen sollte ein Fachmann die Richtigkeit des Einspruchs bestätigen. Dabei sollte der Aufwand für einen Einspruch nicht höher ausfallen, als das zu erwartende Ergebnis einer Steuerkorrektur. Der Einspruch muss schriftlich erfolgen und genau begründet sein. Unterlagen, die die eigenen Angaben belegen und die Notwendigkeit der Korrektur unterstreichen können, sollten zusammen mit dem Einspruch beim Finanzamt eingereicht werden.
Nach einem Einspruch gegen den Steuerbescheid wird das Finanzamt die Steuererklärung in der Regel noch einmal vollständig überprüfen. Dabei kann es dazu kommen, dass der Steuerpflichtige zur Klärung von strittigen Fragen Stellung nehmen muss. Im ungünstigen Fall kann eine neuerliche Überprüfung der Steuererklärung auch dazu führen, dass das Finanzamt zu einem noch ungünstigeren Ergebnis kommt und die Steuerschuld nach der Überprüfung höher ausfällt, als im angefochtenen Bescheid. Zeichnet sich eine ungünstige Entwicklung ab, sollten Steuerpflichtige daher ihren Einspruch zurückziehen. Der Rückzug eines Einspruchs führt dazu, dass das Finanzamt die Nachprüfung der Steuererklärung abbricht und der aktuelle Bescheid wieder in Kraft gesetzt ist. Daher sollte ein strittiger Einspruch immer mit einem Fachmann abgeklärt werden, um bereits im Vorfeld sicherzustellen, dass der Einspruch berechtigt ist und um Nachteile zu vermeiden.
Der Steuerbescheid führt auch dann zur Zahlungspflicht, wenn der Steuerpflichtige Einspruch gegen ihn erhebt. Auch zieht der Einspruch keine Unterbrechung der Zahlungsfrist nach sich. Demnach ist die Steuerschuld innerhalb der auf dem Steuerbescheid angegebenen Frist unabhängig von einem Einspruch zu bezahlen. Der Steuerpflichtige kann jedoch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen, um einen befristeten Zahlungsaufschub zu bewirken.