05. Jul 2020 | Buchhaltung
Auch für Belange, die das Finanzamt betreffen, gilt: Nichts ist für die Ewigkeit. Irgendwann ist auch mal gut, dann sind Dinge zu lange her und selbst nicht abgeschlossene Vorgänge einfach verjährt. Dann werden sie nicht weiter verfolgt. Verjährung – das ist die Kurzfassung für „Gras über die Sache wachsen lassen“ oder für „Die Zeit heilt alle Wunden“. Doch welche Verjährungsfristen bei der Steuer gibt es?
Die Verjährung im Steuerrecht ist durch die Abgabenordnung geregelt. Grundsätzlich erlischt nach Ablauf bestimmter Verjährungsfristen bei der Steuer der Anspruch des Staates gegenüber dem Steuerpflichtigen auf Steuerzahlungen. Im Steuerrecht gibt es mit der Festsetzungsverjährung und der Zahlungsverjährung zwei Arten der Verjährung.
Das Finanzamt setzt aufgrund der Angaben im Steuerbescheid die Besteuerungsgrundlage sowie die Steuermessbeträge fest. Die Festsetzung der Steuer betrifft den Erlass des Steuerbescheids oder seine Änderung sowie eine Aufhebung. Mit der Festsetzung der Steuer beginnt auch die Fälligkeit der Steuerschuld. Die Abgabenordnung gibt in § 169 AO vor, dass die Festsetzung ebenso wie ihre Änderung oder Aufhebung nicht mehr zulässig ist, wenn eine bestimmte Frist – die Festsetzungsfrist – abgelaufen ist. Demnach kann das Finanzamt nach Ablauf der Festsetzungsfrist einen Steuerbescheid nicht mehr erlassen, ändern oder aufheben. Für Verbrauchsteuern beträgt die Festsetzungsfrist ein Jahr und für reguläre Steuern, wie Einkommensteuer oder Umsatzsteuer vier Jahre. Die Frist für Einfuhr- und Exportsteuern läuft nach drei Jahren aus.
Die Abgabenordnung nennt in § 228 AO die Frist für die Verjährung von Steuerschulden, die fünf Jahre oder in bestimmten Fällen zehn Jahre dauert. Die Frist für die Zahlungsverjährung kann sich verlängern, wenn sie zum Beispiel durch Mahnungen, Stundungen, eine Insolvenzanmeldung oder durch Vollstreckungsmaßnahmen unterbrochen wird. Die Verjährungsfrist beginnt erst nach Ablauf des Jahres fortzulaufen, in dem die Unterbrechung stattgefunden hat. Ist die Zahlungsverjährung abgelaufen, erlöschen die betroffenen Ansprüche. Das gilt sowohl für Ansprüche des Finanzamts, die durch Steuerschulden bestehen, als auch für Ansprüche des Steuerpflichtigen, dem Erstattungen zustehen.
Die Fristen für die Verjährung steuerlicher Festsetzungen oder Zahlungen beginnen mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Anspruch fällig wurde. Das bedeutet, dass in der Regel die Frist am Ende des Jahres beginnt, in dem der Steuerpflichtige seine Steuererklärung abgegeben hat. Darüber hinaus können zahlreiche Ereignisse, wie zum Beispiel die Korrektur eines Steuerbescheids, ein Einspruch, eine Klage oder eine Betriebsprüfung zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist führen. Nach der Unterbrechung einer Zahlungsverjährung beginnt die Frist von vorne. Da viele Ereignisse dazu führen können, dass Verjährungsfristen unterbrochen werden, ist es nicht einfach, festzustellen, ob in einem Steuerfall tatsächlich eine Verjährung vorliegt.
Zum Weiterlesen: Betriebsprüfung: Was ist zu tun, wenn das Finanzamt kommt?
Auf deinem Steuerbescheid hast du es sicher schonmal gelesen: Er ist vorläufig. Genau genommen ist jede Einkommensteuererklärung genau wie deine Umsatzsteuererklärung erst mal nur auf dem aktuellen Stand aber nicht in Stein gemeißelt. Nachträgliche Änderungen sind möglich. Und die kannst entweder du veranlassen oder das Finanzamt meldet sich noch einmal.
So könnte es z.B. sein, dass du in einer alten Tasche noch einen Kassenbeleg für einen USB-Stick findest, den du vor 3 Jahren gekauft hast. Und in der Ritze deines Sofas steckt der Bewirtungsbeleg für ein Geschäftsessen, das 36 Monate zurückliegt. Wäre doch schade, wenn das unterginge! Also könntest du dem Finanzamt im Nachhinein noch mitteilen: „Ich habe mich bei den Steuererklärungen geirrt! Ich möchte das berichtigen!“
Genauso kann das Finanzamt im Nachhinein einen Steuerbescheid berichtigen. Und das tut es auch. Denn es hat mehrere Gründe, warum Steuerbescheide erst mal nur unter Vorbehalt gelten. Eine Möglichkeit ist, dass eine Aktion aus dem abgeschlossenen Steuerjahr noch in den Folgejahren Handlungen nach sich zieht: Du hast zum Beispiel Rücklagen für eine spätere Anschaffung angegeben, um einen Steuervorteil zu nutzen. Nun musst du diese Anschaffung aber auch innerhalb von drei Jahren tätigen. Tust du das nicht, oder gibst du weniger Geld aus, weil das Gerät inzwischen deutlich günstiger ist, als damals ermittelt, berichtigt das Finanzamt rückwirkend den alten Steuerbescheid. Eine anderer Korrekturgrund: Die Rechtslage war nicht eindeutig und ist es nun. Dann kann es zu rückwirkenden Änderungen kommen.
Die Festsetzungsverjährung sorgt dafür, dass nicht noch im Jahr 2056 Steuererklärung und Steuerbescheid aus dem Jahr 2016 korrigiert werden. Die Festsetzungsverjährung der Einkommensteuer beträgt bei den sogenannten Besitz- und Verkehrssteuern in der Regel 4 Jahre – danach ist für beide Seiten Schluss mit Korrekturen.
Nach 4 Jahren sind Steuerhinterzieher also aus dem Schneider? Nein, ganz so schnell geht das nicht. Die Festsetzungsverjährung bedeutet nur, dass bis zu diesem Zeitpunkt alles geklärt sein muss, dann gelten die Werte als fest in Stein gemeißelt und der Steuerbescheid wird nicht mehr geändert.
Es hebt aber weder die Zahlungsverpflichtung für noch ausstehende Beträge auf, noch verhindert die Festsetzungsverjährung, dass Falschangaben verfolgt werden. Das Finanzamt kann Steuerhinterziehern auch noch nach mehr als 5 Jahren auf die Schliche kommen. Von dem Ausmaß der Hinterziehung hängt ab, ob ein Fall nach 5 oder erst nach 10 Jahren verjährt. Maßgeblich ist der Abschluss der Tat. Das wäre spätestens der Zeitpunkt, zu dem die Steuer auf Grundlage falscher Angaben, veranlagt wurde.
Als Selbstständiger, der Rechnungen schreibt, kennst du das Phänomen: Irgendwann verjähren Rechnungen und dein Anspruch erlischt. Das ist der Grund, warum du deine Rechnungen zügig stellen und bei Zahlungsverzug, deine säumigen Kunden, zügig mit Mahnungen an ihre Zahlungsverpflichtungen erinnerst.
Dem Finanzamt geht es da nicht ganz anders: Auch der Anspruch auf die Zahlung einer Steuerschuld verjährt eines Tages. Darum hat die Behörde ein Interesse daran, alle Vorgänge rechtzeitig zu veranlagen. Und das Finanzamt sieht auch nicht tatenlos dabei zu, wie die Zeit verstreicht. Wer einmal eine Steuererklärung nicht pünktlich abgegeben hat kennt das: Die Mahnung kommt zügig.
5 Jahre hat das Finanzamt Zeit, den Steuerschuldner dazu zu bringen, seine Steuern zu bezahlen. Dann greift die Zahlungsverjährung. Der Ablauf dieser 5 Jahre beginnt aber erst am Ende des Kalenderjahres. Wurde ein Steuerbescheid zum Beispiel im Juni 2016 ausgestellt, zählt erst der 1. Januar 2017 als erster Tag der 5-Jahres-Frist.
Die Zahlungsverjährung verlängert sich beispielsweise, wenn in der Zwischenzeit eine Mahnung des Finanzamts kommt. Du kannst als Steuerschuldner einen Zahlungsaufschub oder eine Stundung vereinbaren, entsprechend verlängert sich die Frist. Wird ein Unternehmen oder eine Privatperson in der Zeit der 5-Jahres-Frist insolvent, unterbricht das ebenfalls die Verjährungsfrist. Und wer denkt, er wartet den Ablauf der 5 Jahre einfach an einem nicht gemeldeten Wohnsitz ab: Pustekuchen, das funktioniert nicht. Die Zeit, die das Finanzamt benötigt, dich wieder aufzuspüren, wird zu der Frist dazugerechnet. Auch dadurch verlängert sich die Frist.
Fazit: Am wenigsten – nämlich überhaupt nicht – musst du über Verjährungsfristen bei der Steuer nachdenken, wenn Du einfach dafür sorgst, dass deine Steuererklärungen pünktlich und vollständig vorliegen.
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