18. Okt 2016 | Experten
Mittendrin, statt von oben herab: Ulf Bögeholz, Geschäftsführer der Online-Plattform für Taxivermittlung in ganz Deutschland, hält nichts davon, jegliche Arbeit seinen Mitarbeitern zu überlassen. Er will wissen, was in seinem Unternehmen los ist. Welchen Herausforderungen er tagtäglich begegnet und wie man sich in Hamburg am besten fortbewegt (vorzugsweise natürlich mit dem Taxi), erfahrt ihr in unserem spannenden Interview mit dem Gründer.
Hallo Ulf, stell dich unseren Lesern doch bitte kurz vor.
Mein Name ist Ulf Bögeholz, ich bin 34 Jahre alt und einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Talex mobile solutions GmbH in Hamburg, der Betreiberin von Taxi.de. Ich habe früher mal in Ulm Informatik studiert und ein paar Jahre als Softwareentwickler gearbeitet, bevor der Reiz des selbstbestimmten Arbeitens mich gepackt hat. Weiterhin bin ich sehr glücklich verheiratet, und vertreibe mir freie Zeit gern mit Sport und Musik.
In deinem Lebenslauf sind wir auf eine spannende Berufsbezeichnung getroffen: Inspirer. Was verstehst du darunter?
Die Bezeichnung kommt ja aus meinem ehrenamtlichen Engagement bei der HackerSchool, einer privaten Initiative aus Hamburg, die Kinder und Jugendliche dazu inspirieren möchte, bei der Nutzung von Smartphone und Computer über Facebook und Pokemon Go hinauszugehen, und die immensen Möglichkeiten zu entdecken, die die Digitalisierung mit sich bringt. Sei es Programmierung oder eine andere Art von kreativer Beschäftigung mit dem Rechner. Da in diesem Feld extrem viel in Eigenregie gelernt und erreicht werden kann, ist es uns einfach ein Anliegen, für den ersten Funken zu sorgen, der im Endeffekt entscheidend sein kann. Da ich selbst in vielen Bereichen begeisterter Autodidakt bin, freue ich mich immer extrem, wenn jemand nur einen kleinen Impuls benötigt, um sich dann mit großem Eifer mit einer neuen Thematik auseinanderzusetzen.
Ich freue mich immer extrem, wenn jemand nur einen kleinen Impuls benötigt, um sich dann mit großem Eifer mit einer neuen Thematik auseinanderzusetzen.
Gemeinsam mit Alex von Brandenstein habt ihr bereits 2009 die erste Taxi App namens Taxibutton auf den Markt gebracht. Im Juni 2012 startete dann die Weiterentwicklung von Taxi.de. Wie läuft es aktuell und worauf dürfen sich eure Nutzer als nächstes freuen?
Ich bin ja erst Anfang 2011 dazu gestoßen, damals war unser Modell noch sehr klar auf die Fahrtenvermittlung beschränkt, was sich aber aufgrund der Marketingmillionen der Konkurrenten als sehr schwierig herausgestellt hat. Wir haben in dieser Phase aber extrem viel über den Markt gelernt, so dass wir dann den in Startup-Kreisen viel zitierten Pivot erfolgreich einleiten konnten. Seitdem hat sich unser Geschäftsmodell ziemlich gedreht und wir sind zum Technologieanbieter geworden, unser Hauptprodukt ist ein Software-as-a-service Modell zur effizienten Flottensteuerung. Die endkundenseitige Facette haben wir uns aber bewahrt und haben gerade unsere Website relaunched, damit die Taxibestellung in ganz Deutschland – und eben nicht nur in den 5 größten Städten – wieder mehr Spaß macht!
Thema Internationalisierung: Wohin geht „die Fahrt“ mit Taxi.de?
Zur Zeit gehen wir den englischen Markt an, dort haben wir vor ein paar Wochen eine Tochtergesellschaft gegründet und die ersten Mitarbeiter eingestellt. Im Mai haben wir dort auf einer Messe das erste Mal unser Produkt vorgestellt, und die Leute waren sehr offen und interessiert. Das war ein ausgezeichneter Proof-of-concept, so dass wir ohne riesiges Investment oder langwierige Planungen mal einen Fuß ins Wasser halten konnten. Das Echo dort hat uns bestärkt, selbst und direkt in den Markt einzusteigen. In der Vergangenheit hatten wir einige Male ein Franchise-Modell in anderen Ländern versucht, was aber nie richtig Traktion bekommen hat, in England wollten wir uns nicht wieder auf einen Partner vor Ort verlassen müssen, sondern alle Zügel selbst in der Hand halten.
Vor kurzem stand es groß in den Nachrichten: „Mytaxi schluckt Hailo: Daimler schmiedet Europas größtes Taxi-Netzwerk“. Wie reagiert man auf so eine Nachricht der unmittelbaren Konkurrenz?
Unmittelbare Konkurrenz stimmt hier nicht ganz, da ja sowohl Mytaxi als auch Hailo reine Fahrtenvermittler sind. Trotzdem finden wir es natürlich interessant, wieviel Bewegung im Markt dann doch noch vorhanden ist und sind gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Da unsere Flottenkunden eher in Städten unter 500K Einwohner aktiv sind, bekommen sie allerdings relativ wenig von den ganzen Diensten mit, die Berichterstattung ist hier schon sehr stark auf die Metropolen beschränkt. Aber versuchen Sie mal, in Städten wie Oldenburg oder Gera ein Fahrzeug von Uber oder Hailo zu bestellen.
Mit welchen Herausforderungen hat man als Geschäftsführer von taxi.de tagtäglich zu kämpfen?
Da gibt es eine ganze Reihe, als technischer Kopf (mein Co-GF Alex kümmert sich um den Vertrieb, alles andere machen wir weitestgehend gemeinsam) ist meine Hauptaufgabe als Filter zu agieren. Oben in den Filter herein kommt eine ganze Menge Feedback, Wünsche, Anregungen, meist von unserem Vertriebsteam, aber auch direkt von Kunden oder solchen Unternehmen, die erst noch Kunde werden möchten. Heraus kommt im Idealfall eine Reihe von Anpassungen und neuen Features, die möglichst vielen unserer Kunden möglichst weitgehend helfen. Hier können wir es natürlich nicht immer allen komplett recht machen, aber ich denke unser Track-Record ist schon ganz beachtlich, die meisten Kunden halten uns dafür schon seit einer ganzen Weile die Treue.
Uns ist es extrem wichtig, einen klaren Fokus zu bewahren, daher versuchen wir auch bei neuen Ideen, stets so vorsichtig vorzugehen, dass sich schnell abschätzen lässt ob sich ein neues Projekt lohnt oder nicht.
Vom Softwareentwickler zum Gründer und Geschäftsführer: Hattest du schon immer den Wunsch, irgendwann dein eigener Chef zu sein?
Nicht schon immer, aber ich habe nach dem Studium schnell gemerkt, was Software in unserer Welt alles bewegt und bewegen kann. Weiterhin ist mir schnell klar geworden, dass mich nicht nur die reine Umsetzung von Dingen interessiert, sondern dass es mir auch extrem viel Spaß bereitet, Ideen zu entwickeln und mich direkt mit wirtschaftlichen Gegebenheiten auseinanderzusetzen. Da war der Schritt zum eigenen Unternehmen am Ende kein großer mehr, bereut habe ich das bislang keine Sekunde.
Legst du als „Ex-Softwarentwickler“ auch mal selbst an der Programmierung von Taxi.de Hand an?
„Mal selbst Hand anlegen“ ist gut, die ersten 2 Jahre habe ich unsere komplette Plattform selbst programmiert, für die Apps hatten wir zum Glück von vornherein externe Unterstützung. Irgendwann gab es dann allerdings so viel zu tun, und vor allem so viel kurzfristigen Input unserer Kunden, dass wir einen weiteren Entwickler angestellt haben, worüber ich heute sehr glücklich bin, da sich dadurch die Planbarkeit und Termintreue deutlich verbessert haben. Tatsächlich bin ich aber immer noch ca. 50% meiner Zeit direkt mit der Weiterentwicklung unseres Produktes befasst und ich hoffe, dass das auch weiterhin möglich bleibt.
Meiner Meinung nach ist es extrem wichtig, dass man sich als Gründer gerade am Anfang auch komplett im operativen Geschäft austobt! Nur so ist auch langfristig gewährleistet, dass alle noch am gleichen Strang ziehen können und das komplette Team auch das Vertrauen behält. Für Chefs von Unternehmen mit 10 Mitarbeitern, die sich den ganzen Tag in Ihrem Büro verschanzen und dort 10- Jahres Strategien und milliardenschwere Kooperationen planen, ohne sich in den Details ihres Business auszukennen, habe ich wenig Verständnis.
Meiner Meinung nach ist es extrem wichtig, dass man sich als Gründer gerade am Anfang auch komplett im operativen Geschäft austobt!
Taxi.de hat seinen Firmensitz in Hamburg. Was macht die Hansestadt für Startups so reizvoll?
Das Wichtigste für die meisten jungen Unternehmen sind ja in der Regel die Mitarbeiter, und da leistet eine Stadt mit einer hohen Lebensqualität eine gewaltige Starthilfe! Hier hatten wir ziemliches Glück und haben über die Jahre ein tolles Team aufgebaut, in dem jeder einen klaren Teil zum Erfolg beisteuert. Das motiviert Alex und mich immer wieder erneut und wir sind sehr stolz auf die Truppe, und was wir hier gemeinsam die letzten Jahre bewegt haben!
Weiterhin hat Hamburg natürlich auch noch direkte „Startup-Vorteile“ zu bieten: es gibt beispielsweise MeetUps zu allen möglichen Themen, Plätze wie das Betahaus, wo man wunderbar netzwerken kann und zum Glück auch genügend interessierte und engagierte andere Gründer, dass Initiativen wie beispielsweise die o.g. HackerSchool entstehen können.
Bus, Taxi oder Fahrrad: Wie bewegst du dich privat in Hamburg fort?
Im Sommer gern mit dem Fahrrad, das waren 2016 die drei schönsten Tage des Jahres! Spaß beiseite, wenn es das Wetter zulässt, bin ich tatsächlich gern mit dem Rad unterwegs, damit brauche ich ins Büro genauso lang wie mit dem Auto, der Berufsverkehr macht es möglich. Wenn man sich ein bisschen auskennt, gibt’s in der Stadt durchaus auch tolle Fahrradstrecken. Das Taxi wird natürlich ebenfalls regelmäßig genutzt, vorzugsweise am Wochenende oder wenn man mal sehr früh am Flughafen sein muss. Ansonsten erkunde ich die Stadt auch gern zu Fuß, hier hat Hamburg zu jeder Jahreszeit tolle Ecken zu bieten.
Ulf Bögeholz ist einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Talex mobile solutions GmbH in Hamburg, der Betreiberin von Taxi.de. Er arbeitete zuvor als Softwareentwickler und wagte sich mit der Gründung von Picopay erstmals an die Selbstständigkeit. Weiterhin ist er glücklich verheiratet und beteiligt sich ehrenamtlich an der HackerSchool Hamburg.
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