07. Feb 2019 | Unternehmenssteuerung
Viele Unternehmen erhalten Bewerbungen, die gleich im Papierkorb landen. Da liegen dann die unterqualifizierten und die zu alten Bewerber. Doch sehr oft landen dort auch die Überqualifizierten. Zu Unrecht. Denn es gibt sehr gute Gründe, warum du auch überqualifizierte Bewerber einstellen solltest.
Es gibt zwei Fragen, die du dir bei der Entscheidung, ob du überqualifizierte Bewerber einstellen möchtest oder nicht, stellen solltest. Zunächst ist da die Frage, warum du sie ablehnst. Sehr häufig sind diese Bewerber nämlich eigentlich sehr gut für die Stelle geeignet.
Wer ehrlich zu sich selbst sein kann, wird feststellen, dass der Grund für die spontane Ablehnung nicht nur darin liegt, dass jemand Überqualifiziertes womöglich ein viel zu hohes Gehalt einfordern, sich vor lauter Langeweile bald wieder verabschieden oder eventuell den Betriebsfrieden stören würde.
Denn zum einen bestehen viele Überqualifizierte gar nicht auf das ihnen eigentlich zustehende höhere Gehalt. Es gibt einen Grund, warum sie sich auf eine geringer qualifizierte Stelle bewerben, und die wird wohl kaum das Gehalt sein. Zum anderen liegt es allein an dir, ob sie sich in ihrem Job langweilen werden oder nicht. Denn du kannst ihnen sehr viel zutrauen, du kannst sie herausfordern und die Arbeitsinhalte ihren Fähigkeiten entsprechend ausbauen.
Und was den Betriebsfrieden angeht, hast auch du es in der Hand, dass deine Angestellten gut miteinander auskommen – das ist schließlich ein ganz grundlegender Teil der Betriebsführung. Hast du eine offene Gesprächskultur eingeführt, wirst du wenig Probleme haben.
Was aber oft hauptsächlich zu einer Absage führt, ist vielmehr die Sorge, dass da jemand besser sein wird als du. Dass dich jemand überflügelt und dir den Spiegel vorhält. Und womöglich die ganze Belegschaft plötzlich erkennt, welche Fehler du bisher gemacht hast. Erst recht, wenn sich da jemand mit einem Doktortitel bewirbt – davor ducken sich viele Vorgesetzte gerade in kleinen Unternehmen besonders gerne.
Das ist leider ein Zeichen für mangelnde Souveränität, und sie ist die Kernkompetenz sehr vieler Vorgesetzter. Nur ist sie in aller Regel zum Schaden des Unternehmens.
Und damit wären wir bei der anderen Frage, die du dir vor einer automatischen Absage stellen solltest, nämlich, was überqualifizierte Bewerber zum Standing, zum Erfolg und zum dauerhaften Bestehen deines Unternehmens beitragen könnten. Und da wird es interessant.
Wer überqualifiziert ist, bringt noch einmal einen ganz anderen Blickwinkel mit – häufig einen Blickwinkel, der dir und deinen anderen Angestellten unbekannt ist. Andere Erfahrungen, die Kenntnis anderer Arbeits- und Denkweisen können von großem Vorteil für eingefahrene Arbeitsabläufe, aber auch insgesamt für dein Unternehmen sein.
Wenn du immer nur Leute einstellst, die geringer qualifiziert sind als du, die haargenau für ihre Stelle qualifiziert sind und nie andere beruflichen Erfahrungen gemacht haben, dann wirst du feststellen, dass sich dein Unternehmen auf der Stelle bewegt oder nur sehr schleichend voran kommt. Frischer Wind und neue Blickwinkel dagegen können sich für dich und dein Unternehmen auszahlen.
Deshalb solltest du auf jeden Fall auch überqualifizierte Bewerber einstellen, anstatt sie sofort auszusortieren. Frage dich, wie sie dir nutzen könnten – denn im Grunde kann die Bewerbung überqualifizierter Bewerber auf eine Stelle unter ihrem Niveau ein großes Geschenk und ein Glücksfall für dein Unternehmen sein.