16. Apr 2019 | Buchhaltung
Das Gutschriftverfahren kann die Rechnungsstellung ersetzen. Manche Unternehmen möchten für eine Bestellung keine Rechnung erhalten, sondern erstellen für ihre Lieferanten stattdessen eine Gutschrift. Wer das Gutschriftverfahren einsetzen möchte, der sollte sich genau informieren, welche Voraussetzungen hierbei zu erfüllen sind.
Das Gutschriftverfahren rechnet eine Lieferung oder Leistung ab. Anders als bei der klassischen Rechnung erfolgt die Abrechnung durch Gutschrift jedoch nicht durch den Lieferanten, sondern durch den Kunden. Beim Gutschriftverfahren stellt der Kunde über die vom Lieferanten oder Dienstleister gelieferte Ware oder erbrachte Dienstleistung eine Abrechnung aus. Damit ersetzt die Gutschrift des Kunden die Rechnung des Lieferanten.
Der Begriff Gutschrift hat mehrere Bedeutungen:
Das Gutschriftverfahren findet im Umsatzsteuergesetz seine Erwähnung. Im § 14 Abs. 2 UStG führt der Gesetzgeber aus, dass auch der Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung durch ein Unternehmen eine Rechnung ausstellen kann. Diese Rechnung wird dann als Gutschrift bezeichnet. Die Gutschrift ist demnach eine Rechnung, die durch den Leistungsempfänger ausgestellt wird. Sie steht rechtlich der Rechnung gleich und hat dieselbe Wirkung. Sie wird durch die Steuerbehörden ebenso als Nachweis für Forderungen und Zahlungen anerkannt wie eine Rechnung. Jedoch verliert die Gutschrift ihre Wirkung als Abrechnung, wenn der Empfänger der Gutschrift Widerspruch gegen sie einlegt. Ebenso wie die Rechnung muss eine Gutschrift innerhalb von sechs Monaten erteilt werden. Das Dokument muss den Titel „Gutschrift“ tragen.
Da die Gutschrift einen vollwertigen Ersatz für eine Rechnung stellt, muss sie auch dieselben Angaben aufweisen wie eine normale Rechnung. Neben dem Titel „Gutschrift“ gehören demnach sämtliche Pflichtangaben für Rechnungen auch auf eine Gutschrift. Daher muss eine Gutschrift die folgenden Angaben beinhalten:
Die Gutschrift muss genauso wie die Rechnung den angewendeten Steuersatz für die Mehrwertsteuer sowie den Steuerbetrag angeben. Da der Gutschriftbetrag Umsatzsteuer enthält, nimmt der Empfänger der Gutschrift Umsatzsteuer ein, während der Aussteller der Gutschrift Umsatzsteuer leistet. Der Empfänger muss demnach den enthaltenen Mehrwertsteuerbetrag aus der enthaltenen Gutschrift als Umsatzsteuerschuld mit seiner nächsten Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt abführen. Der Aussteller der Gutschrift hingegen hat mit seiner Gutschrift eine Mehrwertsteuer geleistet. Den Mehrwertsteuerbetrag kann er daher als geleistete Vorsteuer von seiner Umsatzsteuerschuld abziehen. Die korrekte Ausführung aller Pflichtangaben auf der Gutschrift ist laut § 14 Abs 4 UStG eine Voraussetzung dafür, dass der Aussteller der Gutschrift die enthaltene Vorsteuer geltend machen kann.
Bei der Ausstellung einer Gutschrift gilt es, Besonderheiten zu beachten, wenn der Geschäftspartner den Status eines Kleinunternehmers hat. Dabei musst Du unterscheiden, ob der Kleinunternehmer eine Gutschrift ausstellt oder diese empfängt.
Stellt ein Kleinunternehmer eine Gutschrift an ein umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen aus, dann muss er diese mit Mehrwertsteuer ausweisen. Denn die Gutschrift richtet sich hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht nach dem Status des Empfängers. Da sie dieselbe Wirkung hat wie eine Rechnung, ist sie auch wie eine normale Rechnung abzurechnen. Da auch Kleinunternehmer in ihren Rechnungen Mehrwertsteuer bezahlen, müssen sie die Steuer auch bezahlen, wenn sie eine Gutschrift erstellen. Der Empfänger der Gutschrift muss die enthaltene Mehrwertsteuer als Umsatzsteuerschuld an das Finanzamt abführen.
Unternehmen, die an einen Kleinunternehmer eine Gutschrift erteilen, dürfen keine Mehrwertsteuer berechnen. Die Gutschrift an einen Kleinunternehmer hat demnach nur mit einem Nettobetrag zu erfolgen. Wird eine Gutschrift an einen Kleinunternehmer mit Mehrwertsteuer ausgewiesen, dann hat das Folgen für beide beteiligten Geschäftspartner.
Folgen für den Kleinunternehmer
Enthält die Gutschrift an einen Kleinunternehmer einen Mehrwertsteuerbetrag, dann muss der Kleinunternehmer der Gutschrift widersprechen. Widerspricht der Kleinunternehmer der Gutschrift mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer nicht, dann schuldet er in der Folge die Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt.
Folgen für den Gutschriftsteller
Erhält ein Unternehmen eine Lieferung oder Leistung durch einen Kleinunternehmer und stellt daraufhin eine Gutschrift mit Mehrwertsteuer aus, dann kann es die enthaltene Umsatzsteuer aus der Gutschrift nicht als geleistete Vorsteuer geltend machen.
Kleinunternehmer sollten ihren Kunden daher unbedingt auf ihren Status hinweisen, wenn sie mit diesen das Gutschriftverfahren vereinbaren.
Das Gutschriftverfahren vereinfacht die Abrechnung durch den Lieferanten oder Dienstleister. Denn der Aufwand für die Abrechnung geht mit dem Gutschriftverfahren auf den Kunden über. Für das liefernde oder leistende Unternehmen bedeutet das Verfahren Einsparungen bei der Rechnungsstellung und die Hinfälligkeit eines Mahnwesens. Zudem geht mit dem Gutschriftverfahren eine zügige Zahlung einher. Dienstleister, die eine Gutschrift erhalten müssen zwar immer überprüfen, ob die Gutschrift stimmt. Dennoch profitieren sie vom Gutschriftverfahren, weil Kunden, die eine Gutschrift erteilen, systematisch abrechnen.
Auf der Seite des Kunden bringt das Gutschriftverfahren eine Senkung im Aufwand von Rechnungsprüfungen. Zahlungen, die regelmäßig erfolgen, können automatisiert werden. Das Verfahren kann daher zu mehr Wirtschaftlichkeit führen. Das Gutschriftverfahren stellt für bestimmte Geschäftsabläufe eine wirtschaftliche Alternative zur Erstellung von Rechnungen. Für die Kunden ermöglicht das Verfahren die systematische Verarbeitung aller Daten. Niemand muss auf verspätet eintreffende Rechnungen warten oder Rechnungen hinsichtlich der getroffenen Vereinbarungen und der erbrachten Leistungen abgleichen. Das kann in der Buchhaltung die Organisation deutlich erleichtern.
Um den Aufwand zu vermeiden, der mit dem Aushandeln von Verträgen und Rahmenbedingungen entsteht, wenden viele Unternehmen, die über längere Zeit hinweg mit Geschäftspartnern zusammen arbeiten, das Gutschriftverfahren an. Das Verfahren setzt das gegenseitige Vertrauen der Geschäftspartner voraus. Es wird insbesondere von Unternehmen angewendet, die in gegenseitigem Einvernehmen stehen und sich zudem mit der Absicht tragen, auch in Zukunft langfristig zusammen zu arbeiten.
Wenn die Vertragspartner es vorziehen, anstatt mit einer klassischen Rechnung über das Gutschriftverfahren abzurechnen, dann vereinbaren sie die Vorgehensweise im Vorfeld ihrer Zusammenarbeit. Zur Vereinbarung kann auch ein Abrechnungsintervall für die Gutschriften gehören, wie zum Beispiel quartalsweise, monatlich oder jährlich.
In bestimmten Branchen ist das Gutschriftverfahren häufig anzutreffen. Zum Beispiel kommt es insbesondere in der Logistikbranche zum Einsatz. Zudem findet das Gutschriftverfahren oftmals im Warenhandel mit großen Umsätzen Anwendung, wie zum Beispiel bei der Beschaffung von Rohstoffen. Aber auch in den Dienstleistungsbranchen, wie zum Beispiel in der Speditionsbranche kommt das Gutschriftverfahren bei der regelmäßigen Beauftragung besonders gerne zum Einsatz. Zudem bietet sich das Verfahren an, um Entnahmen aus einem Konsignationslager abzurechnen.
Autoren: Herbert hat einen Kriminalroman geschrieben und in einem Verlag veröffentlicht. Wie oft sein Buch verkauft wurde, weiß er nicht genau. Er muss aber auch keine Rechnung schreiben: Sein Verlag schickt ihm zum Jahresende eine Gutschrift über seine Tantiemen.
Freie IT-Consultants: Anna-Lena programmiert als Freiberuflerin immer für mehrere Monate bei einem Kunden inhouse. Sie hat ein monatliches Stundenkontingent und außerdem die Abrechnung im Gutschriftverfahren vereinbart. Die Abteilung, in der sie eingesetzt ist, leitet Reisekostenbelege und eine Übersicht der abrechenbaren Stunden an die Buchhaltung weiter. Anna-Lena muss nicht ans Rechnungen schreiben denken: Sie erhält monatlich eine Gutschrift.