14. Nov. 2018 | Planen & Hilfen
Aufstocken mit Hartz 4 ist für die meisten Selbstständigen ein Alptraum. Man ist es gewöhnt, unabhängig zu sein, auf eigenen Beinen zu stehen und selbstständige Entscheidungen zu treffen. Und nun kommt man sich vor wie ein Bittsteller. Doch wer darf das überhaupt beantragen?
Dieses Geld, die sogenannten „Leistungen“, steht laut Sozialgesetz (SGB) allen Selbstständigen zu, die ihre Grundsicherung nicht aus eigener Kraft schaffen. Es ist also gar keine Schande, aufstockende Leistungen beim Jobcenter zu beantragen, sondern vielmehr eine höchst hilfreiche Unterstützung in Zeiten, in denen eine Flaute herrscht oder Kundschaft die Rechnungen einfach nicht zahlt.
Zunächst einmal musst du persönlich beim Jobcenter vorstellig werden und den Wunsch zum Aufstocken mit Hartz 4 kundtun. Warte damit nicht zu lange, denn sollten dir Leistungen gewährt werden, dann frühestens ab dem Tag, an dem du dich dort gemeldet hast. Bei diesem ersten Termin werden deine Daten in die Jobcenter-Datenbank aufgenommen – also bring schon einen Lebenslauf (in dem auch deine schulische und berufliche Ausbildung genannt sein sollten) und, falls du schon einmal einen Existenzgründungszuschuss oder andere Leistungen des Jobcenters bezogen hast, die entsprechenden Daten sowie das Datum des Beginns deiner Selbstständigkeit mit.
Dann wird dir ein neuer Termin in der sogenannten „Leistungsabteilung“ gegeben, bei dem du eine Flut von Formularen mitbekommst, die du alle bis zu einem weiteren Termin ausfüllen musst.
Anhand der Formulare, die Du für Deinen Antrag ausfüllen musst, überprüft das Jobcenter sehr genau, ob und in welcher Höhe ein Anspruch auf Unterstützung besteht. Gerade Unternehmer werden sehr genau unter die Lupe genommen, wenn sie staatliche Hilfe in Anspruch nehmen möchten. Denn grundsätzlich ist das Jobcenter für Arbeitssuchende zuständig. Ein Unternehmer, der einen Engpass zu überbrücken hat, ist jedoch nicht arbeitslos und arbeitssuchend. Die Berechtigung, um vom Jobcenter Unterstützung zu erhalten, muss daher sehr umfassend und nachvollziehbar begründet werden. Hierfür musst Du als Antragsteller eine Fülle an Formularen bearbeiten.
Dein Sachbearbeiter wird Dir als Selbstständiger neben weiteren folgende Formulare für Deinen Antrag zur Bearbeitung vorlegen:
Der Hauptantrag stellt das grundsätzliche Antragsformular für jeden Antragsteller. Er erfasst Deine persönlichen Angaben mit Anschrift, Bankkonto und Wohnverhältnissen. Im Hauptantrag musst Du unter anderem detaillierte Angaben zu Deiner Wohnsituation machen. Das Jobcenter will wissen, wie sich die Kosten für Deine Wohnung mit Grundmiete, Nebenkosten und Ausgaben für die Heizung zusammen setzen. Wenn Deine Wohnung zu groß oder zu teuer ist, wird das Jobcenter nur die Kosten für eine so genannte angemessene Fläche sowie einen je nach Gemeinde oder Stadt festgesetzten Maximalbetrag für die Miete bezahlen. Den Rest musst Du aus eigener Tasche bezahlen. Wenn Deine Hilfsbedürftigkeit länger bestehen wird, dann wird Dich das Jobcenter auffordern, eine billigere oder kleinere Wohnung zu suchen.
Die Anlage WEP Bedarfsgemeinschaft überprüft, ob Du einen Antrag auf Aufstockung für Dich alleine oder gegebenenfalls auch für Deinen Ehepartner und Deine Kinder stellen musst. Denn wenn Du eine Familie zu versorgen hast, dann berücksichtigt das Jobcenter nicht nur Dich alleine, sondern auch alle Familienmitglieder, die Du versorgen musst. Zusammen bildet Ihr dann die so genannte Bedarfsgemeinschaft.
Im Formular zur Ermittlung Deines Einkommens musst Du alle Deine Einnahmen und Ausgaben angeben. Hierfür ist es nötig, dass Du sämtliche Belege und Kontobewegungen für Einnahmen oder Ausgaben, die Du in Deiner Einkommenserklärung darstellst, in Kopie beilegst. Die Belege müssen mit Deinen Berechnungen auf dem Formular EKS genau übereinstimmen. Dabei kann es vorkommen, dass das Jobcenter verschiedene Ausgaben nicht anerkennt. Denn das Jobcenter behandelt Deine Einnahmen und Ausgaben anders als das Finanzamt. Es kontrolliert nach eigenen internen Vorgaben, ob Deine Ausgaben notwendig und gegebenenfalls einzuschränken sind. Deine Einkommenserklärung entscheidet darüber, ob und in welcher Höhe Du Unterstützung vom Jobcenter erhältst.
Natürlich musst Du gegenüber dem Jobcenter auch Dein Vermögen offen legen. Denn Du musst Dein Vermögen zur Behebung Deiner Notlage vorrangig einsetzen. Hierbei gewährt der Gesetzgeber Freibeträge, die für jedes Mitglied in der Bedarfsgemeinschaft gelten.
Wenn Du unverheiratet mit Deinem Partner in einem gemeinsamen Haushalt lebst, wird auch dessen Einkommen zur Berechnung herangezogen. Denn das Jobcenter geht davon aus, dass eine gegenseitige Versorgung Vorrang vor staatlicher Unterstützung hat. Doch auch ein Antragsteller, der in einer Hausgemeinschaft, wie zum Beispiel bei Verwandten oder in einer Wohngemeinschaft lebt, muss hierüber Rechenschaft ablegen.
Wenn Du aufgrund von gesundheitlichen Problemen eine Unterstützung durch das Jobcenter beantragst, wird Dir die Unterzeichnung der Schweigepflichtentbindung vorgelegt. Die Erklärung zur Schweigepflichtentbindung entbindet sämtliche Ärzte und Krankenhäuser von ihrer gesetzlichen Schweigepflicht über medizinische Behandlungen und ärztliche Gutachten. Somit erhält das Amt einen Einblick in Deine Krankheitsgeschichte, Röntgenbilder und medizinische Befunde. Zwar ist die Erklärung ausdrücklich freiwillig. Wenn Du sie jedoch verweigerst, dann musst Du beim Amtsarzt vorstellig werden. Sollten Dir aufgrund eines Unfalls zum Beispiel Schadensersatzansprüche zustehen, dann gehen diese auf den Leistungsträger zur Sicherung des Lebensunterhalts über.
Neben den ausgefüllten Formularen musst Du folgende Nachweise im Original mitbringen:
Ob du diese Nachweise oder noch ganz andere benötigst, wird dir beim ersten Termin in der Leistungsabteilung gesagt. Die Unterlagen sollten vollständig und übersichtlich sein, denn je leichter die Sachbearbeiter einen Durchblick erhalten, desto schneller kannst du wieder gehen. Rechne aber mit gut ein, zwei Stunden für diesen Termin, da die Unterlagen sehr genau geprüft und einige von ihnen auch noch kopiert werden.
Außerdem musst du glaubhaft nachweisen, in welcher Form du dich um die Beendigung deiner Hilfsbedürftigkeit bemühst – ob und wie du z.B. neue Kundschaft akquirierst, oder ob du deine Selbstständigkeit aufgeben willst und nach einer festen Stelle suchst usw. Dafür ist es gut, wenn du ebenfalls Nachweise (ausgedruckte E-Mails z.B., wenn dir schon jemand abgesagt oder dich auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet hat, oder Bewerbungs-/Akquiseschreiben, Werbematerialien usw.) mitbringst. Du wirst diese noch bei einem weiteren Termin benötigen.
Wenn dein Antrag bewilligt wurde, wird dir das Geld in der Regel sehr schnell überwiesen. Solltest du mittlerweile im Minus sein und weitere Zahlungen (Miete z.B.) nicht mehr aus eigener Tasche leisten können, solltest du das erwähnen, damit evtl. Zahlungen vorgezogen werden. Die Leistungen werden zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten gewährt. Am Ende wird berechnet, inwieweit du Hilfen zurückzahlen musst (falls deine Situation sich wieder stabilisiert hat) oder eine Verlängerung der Leistungen benötigst.
Du wirst, auch wenn du selbstständig bist und bleiben willst, außerdem noch einen Termin bei einem Arbeitsvermittler bekommen. Für diesen Termin solltest du alle Nachweise mitbringen, die zeigen, wie du deine Situation wieder zu verbessern versuchst und bislang versucht hast. Wie es dann weitergeht, liegt natürlich in erster Linie daran, wie sich deine Situation entwickelt. Wir drücken dir jedenfalls die Daumen!