01. Apr 2020 | Gründung
Manchmal hört man von frischgebackenen Selbstständigen ganz ulkige Formulierungen: Sie seien neuerdings Ebay-Powerseller auf „freiberuflicher Basis“. Oder sie wollten sich als „selbstständiger Journalist versuchen, hätten aber noch nicht geschafft, ein Gewerbe anzumelden“. Solche grundlegenden Irrtümer zeugen von verbreiteten Missverständnissen darüber, was sogenannte „freie Berufe“ und „Gewerbe“ eigentlich sind. Freiberufler sind zwar ebenso wie Gewerbetreibende Selbstständige, aber nicht jeder Selbstständige ist automatisch ein Freiberufler oder muss ein Gewerbe anmelden! Also wer ist Freiberufler und wer eigentlich Gewerbetreibender?
Selbstständig ist, wer „auf Rechnung“ arbeitet und Honorare in voller Höhe ausbezahlt bekommt, Einkommen- und meist Umsatzsteuer bezahlt (falls nicht die Kleinunternehmerregelung greift), sich um soziale Absicherung für Alter und den Krankheitsfall sowie um Versicherungen gegen Arbeitsunfälle und Schadenersatzansprüche selber kümmern muss, seine Honorare selbst aushandelt und keinen gesetzlichen Anspruch auf Kündigungsschutz, bezahlten Urlaub oder Bezahlung im Krankheitsfall hat. Doch wer ist Freiberufler und wer ist Gewerbetreibender?
Der Status Freiberufler umfasst eine ganz bestimmte Gruppe so genannter „Katalogberufe“. Doch wer ist Freiberufler? Dies wird in § 18 des Einkommensteuergesetzes genau definiert:
„Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe. Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.“
In den Katalogberufen ist neben der Aufzählung von freiberuflichen Tägigkeiten auch von „ähnlichen Berufen“ die Rede. Das Gesetz ist demnach offen formuliert. Nicht ausschließlich eine staatliche Fachausbildung oder ein staatlich anerkannter Berufsabschluss ermöglicht eine Tätigkeit als Freiberufler in der entsprechenden Berufssparte. Auch eine nichtstaatliche Ausbildung, langjährige Berufserfahrung oder eine Zulassung eröffnet den Weg zur Anerkennung als Freiberufler.
Aus diesem Grund gehören zum Beispiel auch im Bereich der Heilberufe diejenigen Tätigkeiten zu den freiberuflichen Berufen, die der Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Körperbeeinträchtigungen dienen. Damit fällt auch eine Tätigkeit in der Gesundheitsvorsorge unter die Freiberuflichkeit.
Also wer ist Freiberufler? – der Ebay-Verkäufer ist auf jeden Fall keiner, auch wenn er gerne von sich erzählt, er arbeite „auf freiberuflicher Basis“.
Viele Freiberufler schließen sich zu Büro-, Kanzlei- oder Praxisgemeinschaften zusammen. Diese Form der Berufsausübung ändert jedoch nichts am Status als Freiberufler für jeden Beteiligten. Denn solange sich das gemeinsame Büro oder die Kanzlei nicht zu einer wirtschaftlichen Gemeinschaft zusammen schließt und ein gemeinsames Unternehmen gründet, handeln die Mitglieder der Gemeinschaft wirtschaftlich und somit auch steuerlich unabhängig voneinander. Jeder Arzt in der Praxisgemeinschaft bleibt damit ebenso wie jeder Rechtsanwalt in der gemeinsamen Kanzlei ein eigenständiger Freiberufler.
Freiberufler genießen einige Privilegien – vor allem gelten zahlreiche Vorschriften für Gewerbetreibende für sie nicht (zum Beispiel Gewerbesteuer oder IHK-Mitgliedschaft). Als Freiberufler musst Du keine doppelte Buchführung organisieren und auch keine Bilanz erstellen. Deine steuerlichen Angaben kannst Du über die Einnahmenüberschussrechnung machen, die im Vergleich zu einer Bilanz erheblich einfacher auszuführen ist.
Außerdem stehen für viele Berufsgruppen berufsständische Versorgungswerke zur Verfügung; Künstler und Publizisten sind über die Künstlersozialkasse (KSK) fast wie Arbeitnehmer versichert (denn die KSK übernimmt den Anteil an Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung, den bei Angestellten der Arbeitgeber bezahlt). Aber Vorsicht: Freiberufler können ihren privilegierten Status sofort verlieren, wenn sie ihr Einkommen mit (zu viel) gewerblichen Einnahmen oder (zu hohen) Einkünften aus angestellter Tätigkeit aufbessern. Außerdem muss das alles in der Steuererklärung für Freiberufler mit angegeben werden!
Der Begriff Freelancer bezeichnet einen freien Mitarbeiter in einem Unternehmen. Freelancer können im Auftrag von mehreren verschiedenen Unternehmen tätig sein. Dabei sind sie nicht zwingend in den Betrieb ihrer Auftraggeber eingegliedert. Zudem sind Freelancer nicht an die Weisungen ihrer Auftraggeber gebunden, da sie selbstständig arbeiten und ihre Leistungen durch eine eigene Rechnung abrechnen. Freelancer sind Selbstständige, die nicht durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag an einen Arbeitgeber gebunden sind. In der Regel arbeiten Freelancer auf Basis von Dienstverträgen innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens. Oftmals erfolgt die Vergütung über einen Werkvertrag oder pauschal. Dabei können Freelancer in vielen unterschiedlichen Branchen und Berufen tätig sein.
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Worin liegen die Unterschiede zum Freiberufler?
Dahingegen bezeichnet der Begriff Freiberufler einen Angehörigen bestimmter Berufe, wie sie im Verzeichnis der Freien Berufe im Einkommensteuergesetz § 18 EStG aufgeführt sind. Freiberufler können sowohl als Freelancer tätig sein als auch ein Gewerbe betreiben. Freiberufler schließen in der Regel keine Dienstverträge ab, um tätig zu werden. Sie rechnen ihre Leistungen nach individueller Vereinbarung mit ihren Kunden oder Auftraggebern ab. Auch die zeitliche Tätigkeit von Freiberuflern für einen oder mehrere Kunden ist nicht zeitlich befristet. Freiberufler können ihre selbstständige Tätigkeit nicht in Berufen ausüben, die nicht im Verzeichnis der Freien Berufe aufgeführt sind.
Grundsätzlich gilt jeder Selbstständige, der keinen Katalog- oder ähnlichen Beruf ausübt, als Gewerbetreibender. Für Gewerbetreibende gelten verschiedene Pflichten:
Dazu gehört jeder, der
Wenn Du Deine Einkünfte sowohl in gewerblicher als auch in freiberuflicher Form erzielst, dann solltest Du die beiden Tätigkeiten strikt trennen. Hierfür kannst Du zwei Betriebe anmelden. Für beide Tätigkeiten solltest Du eine eigene Buchführung, ein eigenes Konto und eine unabhängige Meldung beim Finanzamt einrichten. Im Jahresabschluss musst Du für beide Tätigkeiten eine gesonderte Gewinnermittlung erstellen.
Wenn eine Trennung der beiden Einkunftsarten nicht möglich ist, weil die freiberufliche Tätigkeit unmittelbar mit dem Gewerbebetrieb zusammen wirkt, dann gehören auch die Einnahmen aus Deiner Freiberuflichkeit zum Gewerbebetrieb. Wenn Du zum Beispiel als freiberuflicher Gesundheitstrainer zusätzlich einen Vertrieb für Sportgeräte betreibst, fällt auch Deine Unterrichtstätigkeit unter das Gewerbe. Denn beim Verkauf Deiner Sportgeräte bringst Du Deine Fachkenntnisse und Leistungen als Gesundheitstrainer ein.
Selbstständige haben sowohl als Freiberufler als auch als Gewerbetreibende mehr Gestaltungsspielraum für die Steuer als beispielsweise Angestellte. Die folgenden Kriterien sind für Gewerbetreibende vorteilhaft:
Kriterium | Gewerbetreibende | Freiberufler |
Definition | über selbstständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht | über Art der Tätigkeit, Katalogberufe |
Kennzeichen der Tätigkeit | bezieht sich auf die gewerbliche Tätigkeit | geistig schöpferische Arbeit |
Kenntnisstand | Ausbildungsberuf | Niveau des Hochschulstudiums erforderlich |
Gewerbeanmeldung | Ja | Nein |
Buchführung | Doppelte Buchführung bei Übersteigen von Gewinn- und Umsatzgrenzen | Einfache Buchführung ohne Umsatzgrenzen |
Gewinnermittlung | Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung im Jahresabschluss | Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) |
Gewerbesteuerpflicht | bei Übersteigen von Umsatzgrenzen | Keine Gewerbesteuerpflicht unabhängig vom Umsatz |
Gewerbeaufsicht | Ja | Nein |
Handelsregistereintrag | Eintragspflicht für Kaufleute, ausgenommen Kleingewerbetreibende | Nein |
Schuldrecht | Handelsgesetzbuch | Bürgerliches Gesetzbuch |
Kammermitgliedschaften | IHK oder HWK | Keine |
Soll-Ist-Besteuerung | Soll-Besteuerung bei Überschreiten der Umsatzgrenzen | Ist-Besteuerung ohne Umsatzgrenzen |
Dein Start in die Selbstständigkeit als Freiberufler führt Dich zuallererst zu Deinem zuständigen Finanzamt. Hier meldest Du Deine Freiberuflichkeit über einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung an. Unter Umständen musst Du dem Finanzamt gegenüber Nachweise über Deine Tätigkeit erbringen, damit es Deinen Status als Freiberufler anerkennt.
Sobald Du ausschließen kannst, dass Du als Freiberufler tätig werden kannst, musst Du Deine Selbstständigkeit beim Gewerbeamt anmelden. Mit Deiner Anmeldung unterstellst Du Dich der Gewerbeordnung, über die Du Dich im Detail informieren solltest. Die Anmeldung beim Gewerbeamt kostet eine Gebühr. Nach Deiner Anmeldung informiert das Gewerbeamt sowohl das zuständige Finanzamt als auch die Berufsgenossenschaft über Deine Gewerbetätigkeit.
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