28. Feb 2019 | Unternehmenssteuerung
Was tun, wenn die Arbeit nicht für die gesamte Belegschaft reicht? Viele Startups und kleine Unternehmen bangen bei der Neueinstellung von Mitarbeitern, ob die Auftragslage wohl langfristig genug Arbeit für das wachsende Team bietet. Wirtschaftliche Veränderungen können es mit sich bringen, dass die Auftragslage von Unternehmen mit einer stabilen Belegschaft absinkt. Dann müssen Unternehmensleitungen vorsichtig sein, um die Wirtschaftlichkeit ihres Betriebs langfristig nicht zu gefährden. Auf der anderen Seite stellen sich viele Mitarbeiter in dieser Situation selbst die Frage: „Muss ich Urlaub nehmen wenn keine Arbeit da ist?“ Ob der Zwangsurlaub wegen Arbeitsmangel ein wirkungsvolles Mittel stellt, um Auftragstäler abzufedern, erfährst Du hier.
„Muss ich Urlaub nehmen wenn keine Arbeit da ist?“ Diese Frage erhebt sich recht schnell, wenn sich in einem kleinen oder mittelgroßen Betrieb unerwartete Auftragseinbrüche ergeben. Die Beantwortung der Frage, ob ein Zwangsurlaub wegen Arbeitsmangel für den Arbeitgeber ein legitimes Mittel stellt, um Auftragseinbrüche abzufangen, ergibt sich aus der Rechtslage.
Denn schwankende Konjunktur, unsichere Auftragslage und Wirtschaftskrisen gehören zum unternehmerischen Risiko. Dieses darf nicht über einen Zwangsurlaub auf Mitarbeiter abgewälzt werden. Außerdem: Wer in der Flaute schnell Mitarbeiter entlässt, kann sie beim nächsten Auftragshoch schnell vermissen.
Im Bundesurlaubsgesetz hat der Gesetzgeber die Regelungen zum Urlaub von Arbeitnehmern und Angestellten festgelegt. So hält der Gesetzgeber in seinem Bundesurlaubsgesetz §7 BUrlG Unternehmer an, bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs auf die Urlaubswünsche und Bedürfnisse ihrer Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen. Als Ausnahme von der Berücksichtigung der Urlaubswünsche von Arbeitnehmern gelten jedoch betriebliche Belange.
Die dringenden betrieblichen Belange stellen einen Begriff, der im Gesetzestext nicht näher bestimmt ist. Die Rechtsprechung zu diesem Thema hat jedoch eine generell angewandte Richtung vorgegeben. Demnach können in der Regel betriebliche Belange darin liegen, dass bestimmte Zeiten für die Urlaubsplanung der Mitarbeiter nicht zur Verfügung stehen, weil die betrieblichen Abläufe dann nicht mehr sinnvoll gestaltet werden können. Das ist der Fall, wenn beispielsweise bestimmte Arbeiten von Mitarbeitern abhängig sind von der Anwesenheit ihrer Vorgesetzten. In einer Steuerkanzlei können zum Beispiel während des Urlaubs des Steuerberaters die Angestellten keine Arbeiten erledigen. In diesem Fall ist es sinnvoll, die Urlaubszeiten aufeinander abzustimmen. Die betrieblichen Belange rechtfertigen demnach eine Abstimmung der Urlaubszeiten in einer Weise, die es den Betroffenen ermöglicht, ihren Urlaub langfristig zu planen.
Das Recht von Unternehmen, einen Zwangsurlaub wegen schlechter Auftragslage anzuordnen, besteht laut dem BUrlG demnach ausdrücklich nicht. Auch die betrieblichen Belange rechtfertigen keinen Zwangsurlaub wegen Auftragsmangel. Denn wer Angestellte beschäftigt, sei es in einem Kleingewerbe oder in einer großen Firma, der muss für die vereinbarte Beschäftigung und Bezahlung sorgen. Teile oder die gesamte Belegschaft in einen Zwangsurlaub zu schicken, ist Unternehmen daher auch dann nicht möglich, wenn im Betrieb keine Arbeit zu erledigen ist. Auch betriebsbedingte Kündigungen können nicht sofort wirksam werden.
Betriebsferien können durch das Unternehmen nur dann angeordnet werden, wenn sie unter Einhaltung einer angemessenen Frist angekündigt sind. Unternehmen sollten daher die Zeiten für ihre Betriebsferien bereits zum Beginn des Kalenderjahres ankündigen. So kann sich die Belegschaft ausreichend darauf einstellen und ihren restlichen Urlaub unter Berücksichtigung der Betriebsferien planen. Mit den Betriebsferien steht den Unternehmen ein Instrument zur Verfügung, um Auftragsflauten während des Kalenderjahres abzufangen. So können zum Beispiel Betriebe, die zu bestimmten Zeiten aus Erfahrung nur wenige Aufträge zu bearbeiten haben, ihre Betriebsferien auf diese Zeiten verlegen.
Bei der Anordnung von Betriebsferien ist zu beachten, dass ein wesentlicher Teil des Jahresurlaubs für die Belegschaft frei verfügbar bleibt. Zwar gibt es im Grundsatz keine Obergrenze für die Dauer von Betriebsferien. Dahingegen haben Arbeitnehmer und Angestellte jedoch einen festgelegten Anspruch an Urlaubstagen. Daneben besteht laut Bundesurlaubsgesetz ein Anspruch darauf, den Jahresurlaub auch in einer zusammenhängenden Zeitspanne nehmen zu können.
Ist es aus betrieblichen Gründen nicht möglich, dass das Unternehmen seinen Mitarbeitern den Jahresurlaub in einer einzigen zusammenhängenden Zeitspanne gewährt, dann steht es dem Arbeitnehmer zu, mindestens 12 zusammenhängende Urlaubstage an einem Stück in Anspruch zu nehmen. In der Folge muss der Arbeitgeber für die Dauer seiner Betriebsferien berücksichtigen, dass seinen Mitarbeitern mindestens 12 restliche und zusammenhängende Urlaubstage verbleiben.
Unternehmen, die in einer wirtschaftlichen Krise stecken, weil sie ihre Belegschaft nicht ausreichend auslasten können, müssen sich im ersten Schritt Gedanken über eine Kostensenkung machen. Zudem lohnen sich Überlegungen, ob die Arbeitskraft der Belegschaft alternativ genutzt werden kann.
Betriebe, deren Mitarbeiter in auftragsstarken Zeiten Überstunden aufgebaut haben, können Auftragsflauten nutzen, um diese abzubauen. So können Betriebe die Überstunden ihrer Mitarbeiter in Form von zusätzlichen Urlaubstagen abgelten, ohne eine Zwangsurlaub wegen schlechter Auftragslage zu verordnen.
Überstundenabbau planen statt Zwangsurlaub wegen Arbeitsmangel
Stellen sich sowohl die Auftragsspitzen als auch die Auftragsflauten in einem Betrieb regelmäßig und planbar ein, dann kann das Unternehmen seine betrieblichen Abläufe darauf auch gezielt einstellen. Die innerbetrieblichen Regelungen hierüber sind mit den Mitarbeitern im Vorfeld zu vereinbaren und vertraglich festzulegen. Auf diese Weise kann ein Betrieb mit entsprechenden Auftragsschwankungen eine mitarbeiterfreundliche Planung umsetzen. Die Frage „muss ich Urlaub nehmen wenn keine Arbeit da ist?“ erübrigt sich in diesen Fällen.
In Firmen mit genauer Zeiterfassung und gut gefüllten Überstundenkonten sind Auftragslöcher der ideale Moment, um einen Zeitausgleich vorzunehmen. Der Zeitausgleich ermöglicht es, Überstunden abzubauen, indem zum Beispiel halbe Tage frei genommen werden. Mitarbeiter sind jedoch nicht verpflichtet, den Zeitausgleich dann zu nehmen, wenn das Unternehmen ihn anordnet. Vielmehr muss ein Zeitausgleich im gegenseitigen Einverständnis vorgenommen werden.
In großen Industriebetrieben ist der Begriff der Kurzarbeit gut bekannt. Dort arbeitet die Belegschaft oftmals in Schichten, von denen im Zuge der Kurzarbeit vorübergehend eine oder mehrere gestrichen werden. Die Wochenarbeitszeit der Belegschaft kann im Rahmen der Kurzarbeit auf eine geringere Stundenzahl abgesenkt werden. Je nach vertraglichen und arbeitsrechtlichen Voraussetzungen kann Kurzarbeit mit oder ohne Einkommenseinbußen einhergehen. Bei drohenden Einkommenseinbußen aufgrund von Kurzarbeit bietet die Bundesagentur für Arbeit Entgeltersatzleistungen in Form von Kurzarbeitergeld.
Ist eine Auftragsflaute nur vorübergehend, ihr Ende absehbar und damit betriebliches Handeln gut planbar, dann können Unternehmen die arbeitsfreie Zeit nutzen, um Mitarbeiter in Schulungen, Fortbildungen oder Weiterbildungen zu schicken. Zwangsurlaub wegen Arbeitsmangel ist dann nicht mehr nötig. Einarbeiten in eine neue Software? Wer aus dem Team muss sowieso mal wieder zum Erste Hilfe Kurs? Stehen Sicherheitsschulungen an? Müssen Zertifikate für bestimmte Tätigkeitsbereiche verlängert werden? Haben Mitarbeiter den Wunsch geäußert, einen Bildungsurlaub anzutreten? Eine Auftragsflaute kann die Gelegenheit bieten, lang geplante Bildungsmaßnahmen für Mitarbeiter umzusetzen und das Unternehmen für zukünftige Aufträge zu rüsten.